Arum maculatum. Gefleckter Aronstab. Araceae.
Name: Árum maculátum L. (A. vulgare Lam.). Gefleckter Aronstab. Französisch: Gouet, pied de veau; englisch: Common arum, cuckoo-pint; spotted arum, wake robin; dänisch: Dansk Jngelfär, Aronstav; italienisch: Aro gigaro; polnisch: Obrazki; russisch: Aronnik; tschechisch: Aron skornatý; ungarisch: Kontyvirág.
Namensursprung: ἂρον (áron), der Name einer Arum-Art bei Theophrast, ist vielleicht ägyptischen Ursprungs. Verschiedene Volksnamen der Pflanze wie Aronstab, Aronkraut, Aronwurz sind durch Anlehnung an das lateinische arum entstanden und erfuhren dadurch eine Umdeutung (in diesem Fall an den Hohepriester Aron des Alten Testaments). An diese Umbildung knüpft folgende deutsche Sage an: Als Josua und Kaleb ins gelobte Land geschickt wurden, nahmen sie einen Stab mit und trugen an ihm die große Weintraube und die anderen Früchte jenes Landes. Nachdem sie dieselben abgeladen, steckten sie den Stab in die Erde, und an dieser Stelle wuchs nachher die Aronswurzel. Noch heute trägt der Aronstab als ein Abbild jenes Fruchtsegens, den Josua und Kaleb aus dem gelobten Lande mitbrachten, in seinem scheidenartigen Hochblatt verborgen den mit den Fortpflanzungsapparaten besetzten Kolben, der in eine rotbraune, keulenförmige Spitze endet. (Siehe Abb.)
Volkstümliche Bezeichnungen: Auf die Gestalt des Blütenkolbens bzw. der Blütenscheide gehen die Bezeichnungen Antensnepl = Entenschnabel (Braunschweig), Johanneshaupt (Wien), Wilde Skarnitzelblume (Steiermark), Schdanizl, Stranizl usw. aus ital. scarnuzzo = Papiertüte, Trommelschlegel (Schweiz: Thurgau). Die volksmedizinische Anwendung hat der Pflanze die Namen Zehrwurzel (gegen Auszehrung gebraucht) (z. B. nördl. Böhmen), Lungenkraut, Lungechrut (Schwaben, Schweiz), Poperagrothworza = wohl Podagra (Schweiz: St. Gallen), Magenkraut (Oberösterreich) Fieberwurz, Frostwurz, Zahnkraut eingetragen. Auch Pfingstblume (Caub am Rhein) nennt man das Aronkraut nach der Blütezeit.
Botanisches: Der gefleckte Aronstab ist ein krautartiges Gewächs mit knolligem Wurzelstock. Die großen, grundständigen, langgestielten Blätter sind spieß-pfeilförmig und oft braun oder schwarz gefleckt. Der Blütenschaft wird bis 60 cm hoch. Er trägt an der Spitze den Blütenkolben, der von einer blaß gelblichgrünen, bauchigen und zugespitzten Scheide umgeben ist. Der obere Teil des Blütenkolbens ist keulenartig verdickt, braunviolett und nackt. Der darunter befindliche dünnere Teil der Kolbenspindel trägt die weiblichen und männlichen Blüten, die beide ohne Perigon sind. Über bzw. zwischen den Blüten befinden sich zwei Kreise von Borsten. Der Blütenstand stellt mit seinem Scheidenblatt eine ausgezeichnete proterogyne (erstweibliche s. Actaea) Kesselfallenblüte dar. Durch fauligen Geruch angelockt, kriechen kleine Insekten in den Kessel der Blütenscheide hinein. Sie müssen hier solange verweilen, bis die erschlaffenden Borsten den Weg nach außen wieder freigeben. Sie übertragen dann den Blütenstaub auf die Narben anderer Blütenstände. Die Frucht ist eine scharlachrote Beere. Blütezeit: Mai bis Juni. Wie Helmstädt in Orfilas Toxicologie von 1818 berichtet, soll der Fruchtknoten zur Zeit der Blüte (nach Lamark) eine erhöhte Temperatur haben; von Lubert sei dies bestätigt worden.
Geschichtliches und Allgemeines:
Die Knollen der Arongewächse scheinen im Altertum vielfach als Nahrung gedient zu haben. So schreibt Theophrast: "Die Wurzeln und Blätter des Aron sind eßbar, wenn sie mit Essig gekocht sind, jene schmecken süß und heilen innere Zerreißungen." Plinius empfiehlt den weiblichen Aron zum Essen, weil der männliche zu hart sei und sich nur langsam weichkochen lasse. Wenn der Bär aus seinem Winterschlaf erwache, so seien die Knollen des Aron seine erste Nahrung, er hält sie also auch roh für die Tiere nicht schädlich. - Dioskurides kennt verschiedene Aronarten, in welchen sich aber unser Aron maculatum nicht mit Sicherheit nachweisen läßt. - Im Mittelalter war der Aronstab ein hochberühmtes Heilmittel. J. J. Becher von Speyer beschreibt im Parnassus medicinalis, Ulm 1663, seine heilkräftigen Eigenschaften:
Vergiftungen durch den Aronstab sind mehrfach bekannt geworden; vgl. auch Wirkung. Eine hübsche, kleine, sehr gut illustrierte Arbeit hat Gustav Schenk herausgebracht unter dem Titel "Aron oder das tropische Feuer", Hannover 1937.
Wirkung
Von Hippokrates (Hippokrates Sämtl. Werke, Bd. 2, S. 437, 474, Bd. 3, S. 294, 313, 564, 636.) wurde der Aronstab als Expektorans, gegen Lungenempyem, Prolapsus ani und zu Uteruseinlagen zur Beförderung der Menstruation wie auch zur Erweichung des Muttermundes verordnet.
"Ein berümpt artznei für den zähen husten" nennt Bock (Bock, Kreutterbuch, 1565, S. 289.) den Aronstab, der resolvierend, brust-, lungen- und uterusreinigend, gegen Asthma, Magenverschleimung, Melancholie, äußerlich gegen Kondylome und Mastdarmvorfall wirken soll. Die Blätter seien ein gutes Wundheilmittel, das zugleich alte, unsaubere Wunden reinige.
Diesen Indikationen fügt Matthiolus (Matthiolus, New-Kreuterbuch, 1626, S. 191 D.) noch hinzu, daß der Wurzelsaft, mit Fenchelwasser gemischt, die Augen rein und klar mache und auch von den Frauen häufig als Hautverschönerungsmittel gebraucht werde.
Weinmann (Weinmann, Phytanthoza iconographia, Bd. 1, S. 81, Regensburg 1737.) kennt Arum als Mittel gegen Magenleiden und Blähungen, äußerlich angewandt bei "Krebs-mäßigen Schäden" und bei Podagra. v. Haller (v. Haller, Medicin. Lexicon, 1755, S. 144.) schreibt der Aronwurzel "nachdrücklich eröffnende, schleimzerteilende und verdünnende, abstergierende, harntreibende und gelind laxierende Kraft" zu.
Nach Hecker (Hecker, Pract. Arzneimittell., 1814, Bd. 1, S. 648.) wird der getrocknete Wurzelstock als Brustmittel, als Reizmittel für den Magen und als Reinigungsmittel für Geschwüre (äußerlich) verwandt; allerdings spricht er nur von "geringen Heilkräften".
Hinze, ein Mitarbeiter Hufelands (Hufeland, Journal, Bd. 35, IX., S. 127.), sah dagegen gute Erfolge mit Aronwurzel bei Febris quartana.
In der Volksmedizin benützt man heute nur noch die Blätter des Aronstabes gegen chronischen Bronchialkatarrh (Schulz, Wirkg. u. Anwendg. d. dtsch. Arzneipfl., S. 57.).
Stephenson und Churchill (Stephenson and Churchill, Medical Botany, Bd. I, S. 22, London 1834.) halten Arum maculatum für ein starkes Stimulans zur Förderung der Sekrete aller Organe, insbesondere der des Verdauungsapparates, und nennen als weitere Indikationen Rheuma, Chlorose und Kachexie.
Nach Leclerc (H. Leclerc, Précis de Phytothérapie, S. 239, Paris 1927.) kann Arum maculatum in gleicher Weise wie Polygonatum vulgare gegen Sugillationen und Ekchymosen äußerlich zu Umschlägen angewandt werden.
In der Homöopathie (Heinigke, Handb. d. hom. Arzneiwirkungsl., S. 89.) wird es bei Affektionen des Nervensystems mit Konvulsionen und Lähmungserscheinungen, bei chronischen Katarrhen der Luftröhren- und Magenschleimhaut mit Neigung zu Blutungen, bei Bläschenflechten und lockerem, leicht blutendem Zahnfleisch gebraucht.
Durch Untersuchungen an Hunden stellte Orfila (Orfila, Allgem. Toxicologie, 1818, Bd. 3, S. 107.) fest, daß die Wurzel tödlich wirken kann, ohne daß sich andere Symptome als Ermattung zeigten; nur der Darmkanal war etwas entzündet.
Bulliard (Bulliard, Hist. des plantes vénéneuses de la France, S. 84.) berichtet von drei Kindern, die nach dem Genusse von Aronstab-Blättern heftige Konvulsionen bekamen; zwei Kinder starben, das dritte, dessen Zunge so angeschwollen war, daß sie fast die ganze Weite des Mundes füllte, konnte gerettet werden.
Die Wurzel erregt auf der Zunge starkes Brennen und wirkt hautrötend und blasenziehend (Vgl. 5).). Sie ruft heftigste Entzündung, namentlich der Schleimhäute, hervor (Kobert, Lehrb. d. Intoxik., S. 344.).
Die reizende Wirkung der frischen Wurzel geht wahrscheinlich von dem glykosidischen Saponine aus, von dem die Pflanze bis 1‰ enthält (Jorissen, J. Pharm. Chim. 1883, Bd. 11, S. 286.).
In jungen Frühjahrsschößlingen wurde ferner ein conicinartiges Alkaloid gefunden (Chauliaguet, Hérbert et Heim, Compt. Rend., 124, 1368, 1897.).
Verwendung in der Volksmedizin außerhalb des Deutschen Reiches (nach persönlichen Mitteilungen):
Dänemark: Gegen Husten, Brust-, Lungen- und Magenverschleimung; äußerlich als Wundheilmittel und gegen Pestbeulen.
Italien: Gegen Würmer.
Anwendung in der Praxis auf Grund der Literatur und einer Rundfrage:
Arum maculatum wird bei entzündlichen Schleimhautaffektionen angewandt, insbesondere bei Heiserkeit (auch bei blutigem Auswurf), chronischem Bronchialkatarrh, Rhinitis, Erkrankungen im Bereich der Mund- und Rachenhöhle, Tussis und Brustverschleimung. Weiter wird Arum als Magenmittel bei Verschleimung und Schwäche des Magens, Magenkatarrh, Aufstoßen und Sodbrennen verordnet. Auch gegen Nervenaffektionen mit Konvulsionen und Lähmungserscheinungen, gegen Schlingbeschwerden, Erkrankungen der Zunge, Rheumatismus und Gicht wird es genannt.
Kleine, Wuppertal, bezeichnet Arum als vorzüglich bei Brand ("brennendes Gefühl auf der Zunge").
Arum maculatum wird meistens als Einzelmittel verordnet, äußere Anwendung findet es als Gurgelwasser. Bei Magenbeschwerden wird ein Pulver von Arum mit Zingiber, Calamus und Pimpinella empfohlen.
Angewandter Pflanzenteil:
Hippokrates verordnete die Wurzel.
Bock und Matthiolus verwenden vorwiegend die Wurzel, daneben auch das Kraut.
v. Haller, Hecker, Geiger, Stauffer nennen nur die Wurzel.
Nach Schulz finden in der heutigen Volksheilkunde nur die Blätter Verwendung.
Als wirksame Substanz für die Arzneimittel kommt nur der frische, vor der Entwicklung der Blätter geerntete Wurzelstock in Frage, da der getrocknete unwirksam wird. Das "Teep" wird aus dem frischen Wurzelstock hergestellt. Die homöopathische Urtinktur nach dem HAB. hat den gleichen Ausgangsstoff (§ 3).
Dosierung:
- Übliche Dosis:
In der Homöopathie:
Maximaldosis:
Rezepte:
Als Stomachikum (nach Meyer):
- Rp.:
Als Stomachikum (nach Wesenberg):
- Rp.:
Lehrbuch der Biologischen Heilmittel, 1938, was written by Dr. Med. Gerhard Madaus.