Bellis perennis. Gänseblümchen. Compositae.
Name: Béllis perénnis L. Gemeines Gänseblümchen, Maßliebchen, Tausendschön. Französisch: Pâquerette, fleur de pâques, fleur de pâturage, petite marguerite; englisch: daisy, garden daisy, hen and chickens; italienisch: Margherita, bellide, pratolina, margheritina; dänisch: Tusindfryd, Maiblomme; litauisch: Sauluté; norwegisch: Tusendfryd, Mariblomst; polnisch: Stokrotka; russisch: Margaritka; tschechisch: Sedmikráska, chudobka; ungarisch: Szászirszép.
Verbreitungsgebiet: Weiteres Vorkommen: Auf Madeira. Eingebürgert in Nordamerika u. Neuseeland.
Namensursprung: Bellis ist der Name der Gattung bei Plinius und kommt vom lateinischen bellus = hübsch, schön; perennis = ausdauernd bezieht sich darauf, daß die Pflanze das ganze Jahr hindurch blüht. Der Name Gänseblümchen ist wohl unter Hinweis auf den Standort der Blume auf den Weideplätzen der Gänse entstanden.
Volkstümliche Bezeichnungen: Von den zahlreichen Volksnamen der Art sei hier nur eine Auslese der verbreitetsten in einigen charakteristischen Lautformen gegeben. Die Bezeichnung Maßlieb, Maßliebchen ist besonders im Mittel- und Niederdeutschen verbreitet. Die Bedeutung des Wortes ist nicht sicher; auch steht nicht fest, ob alle im folgenden aufgezählten Formen zu "Maßliebchen" gehören: Malleewskes, Marleewskes, Mojleefkes (Ostfriesland), Modermarlêfke (Mutter Marienliebchen?) (Ostfriesland), Maksuskelchen (im Siegenschen), Mählsößche (Aachen), Maliescher, Maddeseblümchen, Matzeliefchen (Eifel), Maschlimche, Maschlemche, Maschlimmercher (Nahegebiet), Matzliebche, Marzisel, Mazisl (Rheinpfalz). Eine Anzahl niederdeutscher Formen scheint zu "Maria" zu gehören Marienblome (Münsterland), Merkel-, Markelblom (Lübeck), Maijenblom, Marjen (Untere Weser), Morgenblume, Marienblömken (Westfalen), Marienblaume (Göttingen).
Botanisches: Die kleine, in Europa und Asien einheimische, in Nordamerika und auf Neuseeland eingebürgerte, bis 15 cm hohe, ausdauernde Pflanze besitzt einen rasenbildenden Wurzelstock und spatelförmige, zu einer grundständigen Rosette vereinigte Laubblätter. Die einzelstehenden Blütenköpfe tragen zwitterige, gelbe, röhrenförmige Scheibenblüten und weiße, an der Spitze oft rötliche, zungenförmige weibliche Strahlenblüten. Mit der Sonne dreht sich das Blütenköpfchen im Tagesverlauf von Ost nach West. Ihre Früchtchen keimen nach Kinzel im Dunklen etwas besser als im Licht. Die Pflanze bevorzugt als Standort frisch gebrannte Waldstellen und Kohlenmeiler. Sie blüht das ganze Jahr hindurch.
Geschichtliches und Allgemeines:
Das Gänseblümchen war in der nórdischen Mythologie der Göttin des Frühlings und der Auferstehung, der Ostara, geweiht und wurde später im christlichen Zeitalter der Jungfrau Maria, aus deren Tränen es auf der Flucht nach Ägypten entsprossen sein soll, zugesprochen. Im Mittelalter war es ein beliebtes Heilmittel. L. Fuchs (1543) empfiehlt das "kleine Maßliebchen" als Wundmittel und bei Podagra, Hüftweh und Kropf. Nach Lonicerus soll man, um zuzunehmen, die Blüten der Blume nüchtern essen. Das Maßliebchenwasser rege die Eßlust an, sei gut für die Leber und gegen Fieber. Auch nennt er es als Mittel für Wunden und Knochenbrüche; vgl. auch Wirkung. Die übrigen Kräuterbücher des Mittelalters bringen ähnliche Anwendungsweisen.
Eine Zeitlang galt das Gänseblümchen in Deutschland für schädlich, wahrscheinlich weil es als Fruchtabtreibungsmittel verwendet wurde, und sollte nach einer Verordnung von 1793 gänzlich ausgerottet werden. - Die jungen Blätter können im Frühjahr als Kräutersalat gegessen werden.
Wirkung
Lonicerus (Lonicerus, Kreuterbuch, 1564, S. 204 D.) läßt Kraut und Wurzel zusammen als baucherweichendes, appetitanregendes, krampfstillendes und wundheilendes Mittel, außerdem gegen Hautflecken, Cholera, Entzündung der Leber wie überhaupt innerliche Hitze anwenden und gebraucht sie äußerlich zu Schwitzbädern, gegen lahme Glieder, Geschwülste und Wunden.
Matthiolus (Matthiolus, New-Kreuterbuch, 1626, S. 313.) stellt die wundheilende Wirkung in den Vordergrund und nennt Bellis "ein recht Wundkraut", das sogar die "zerbrochenen Hirnschalen" heilen soll. Ein Salat aus den jungen Maßliebchen "macht den Stuhlgang fertig"; eine Salbe mit ungesalzener Butter und zerstoßenen Pappelblättern soll gegen heftige Gliederschmerzen und Podagra helfen.
Weinmann (Weinmann, J. W., Phytanthoza iconographia, Bd. 1, S. 143, Regensburg 1737.) zählt eine ganze Reihe von Indikationen für Bellis auf: Leberverstopfung, Engbrüstigkeit, Schwindsucht, Husten, Wassersucht, Nasenbluten, Fluor albus, Gicht usw. Ferner schreibt er: "Absonderlich dienet es denen jenigen, die etwa in der Hitze einen kalten starcken Trunck gethan haben, und sich darauf sehr Übel befinden."
"Eine besondere Wundkraft und kühlende, auflösende Wirkung in Brustbeschwerungen", wird dem Gänseblümchen nach v. Haller (v. Haller, Medicin. Lexicon, 1755, S. 195.) zugeschrieben, der es auch für Leber und Nieren und zur Zerteilung von geronnenem Blut bei Verwundeten für sehr dienlich hält; die Tinktur aus den Blüten soll sich gegen schwere hitzige Brustkrankheiten, wie Schwindsucht und trockenen Husten, bewährt haben.
Später scheint wenig Gebrauch von dieser Pflanze gemacht worden zu sein, und nur die Volksmedizin verwandte die Blätter, die Beziehungen zum Gefäßsystem haben sollen, gegen Hämoptoe, Hämaturie, Menostase, Fluor albus, gegen Hydrops und Lithiasis (Schulz, Wirkg. u. Anwendg. d. dtsch. Arzneipfl., S. 255.).
Die Homöopathie gebraucht Bellis in ähnlicher Weise wie Arnica bei Verletzungen, Schwellungen, Quetschungen, Verrenkungen usw., ferner bei rheumatischen Affektionen und Hautkrankheiten (Heinigke, Handb. d. hom. Arzneiwirk.-L., S. 236; Stauffer, Klin. hom. Arzneimittell., S. 236; Schmidt, Lehrb. d. hom. Arzneimittell., S. 62.).
Außer einigen organischen Säuren enthält Bellis u. a. Bitterstoff, fettes und ätherisches Öl (Enz, Wittst. Vjschr. Pr. Pharm. 1870, Bd. 19, S. 1.), Inulin (Fischer, Beitr. Biol. d. Pflanzen 1898, Bd. 8, S. 93.) und Saponin (Kroeber, Apoth.-Ztg. 1931, Nr. 46, S. 447; Rosenthal, Pharm. Zentralh. 1931, S. 673.). In einer Untersuchung über den Saponingehalt wurde festgestellt, daß die normale homöopathische Tinktur einen hämolytischen Index von 1 : 400 hatte, während das "Teep"-Präparat einen solchen von 1 : 4000 zeigte. Die Giftigkeit für Frösche ist sehr gering, 1 ccm der Frischpflanzentinktur enthält nur 12,5 Froschdosen (Nach eigenen Untersuchungen.).
Verwendung in der Volksmedizin außerhalb des Deutschen Reiches (nach persönlichen Mitteilungen):
Litauen: Als schleimlösendes Mittel bei Husten.
Polen: Gegen Darmkatarrh.
Anwendung in der Praxis auf Grund der Literatur und einer Rundfrage:
Bellis perennis wirkt gegen das Wundheits- und Zerschlagenheitsgefühl infolge von Verletzungen, Verrenkungen und Überanstrengungen (Muskelkater) und hat sich namentlich bei Kontusionen mit Blutaustritt und bei Hämorrhagien aus Lunge und Uterus bewährt. So hatte Schlegel, Lindau, gute Erfolge mit Bellis, dreimal täglich 5 Tropfen bei Cervixerosion mit Unterleibsschmerzen und Blutungen.
Innerlich und vielfach auch äußerlich in Form von Abwaschungen mit der Teeabkochung und von Auflagen der zerquetschten Blätter wird Bellis gern gegeben bei Dermatopathien wie Furunkulose (hier auch in Verbindung mit einer Hefekur), Pyodermie, Eiterungen, Ulzera, insbesondere Ulcus cruris, schwer heilenden Exanthemen, Brustknoten (hier im Wechsel mit Bufo rana, Asterias rubens und Chimaphila umbellata), Mastitis und den Abwaschungen mit Bellis angewandt.
Weiter leistet es mitunter gute Dienste als Expektorans bei Brust- und Halsbeschwerden und Asthma bronchiale, ebenso wird es als fieber- und entzündungswidriges Mittel (Appendizitis, Gastritis, Enteritis usw.) genannt. Zum Ausheilen einer überstandenen Pleuritis exsudativa ließ Klein täglich 2-3 Tassen des Tees längere Zeit trinken.
Zur Anregung des Gesamtstoffwechsels kann das Gänseblümchen besonders in Form eines Frühjahrssalates benützt werden. Man gebraucht es also bei Verstopfung, Störungen der Leber und Niere, Ikterus, Rheuma, Gicht und Blasenleiden. Schließlich wird das Mittel noch genannt gegen Dysmenorrhöe und Amenorrhöe, Kopfschmerz (besonders im Hinterkopf bis zum Scheitel), Schwindelanfällen und Schlaflosigkeit (charakteristisch ist hier, daß ein sehr kurzer Schlaf zu erfrischen scheint).
Bei der vielseitigen Indikationsangabe muß man sich vor einer Überschätzung des Mittels hüten, wie denn auch verschiedene negative Mitteilungen den positiven gegenüberstehen. Andererseits ist eine Wirkung von dieser Pflanze wohl zu erwarten, da sie mit zu den stärksten Saponindrogen gehört. Von diesen Pflanzen kann man, ebenso wie von dem Saponin, sagen, daß sie in Mischungen mit anderen wirksamen Substanzen deren Wirksamkeit erhöhen.
Angewandter Pflanzenteil:
Lonicerus benutzt Kraut, Blumen und Wurzel.
Matthiolus nennt nur das Kraut und die Blumen, nicht die Wurzeln.
Nach v. Haller wurden hauptsächlich die Blätter, weniger die Blumen verwendet.
Im 19. Jahrhundert waren nur noch die Blumen offizinell, früher auch das Kraut, Flores et Herba Bellidis minoris seu Symphyti minimi.
Geiger gibt an, daß die Blätter nicht mehr viel gebraucht würden, dazwischen noch die Blumen.
Schulz erwähnt die Blätter.
Zur Bereitung der Arzneimittel ist am besten die im Sommer gesammelte wildwachsende, frische blühende Pflanze zu verwenden, aus der auch das "Teep" hergestellt wird.
Homöopathische Urtinktur: Frische blühende Pflanze ohne Wurzel (§ 2).
Dosierung:
- Übliche Dosis:
In der Homöopathie:
Maximaldosis:
Rezepte:
Bei Dermatopathien:
- Rp.:
1 Teelöffel voll wiegt etwa 0,7 g. Der Tee kann auf Grund dieser Befunde kalt oder heiß unter Verwendung von 1-2 Teelöffeln voll auf 1 Teeglas bereitet werden.)
Bei inneren Blutungen (nach Meyer):
- Rp.:
Bei Ulcus cruris (nach Schmidt):
- Rp.:
Bei Erkrankungen der Respirationsorgane (nach Löffler):
- Rp.:
Bei Brustbeschwerden (nach Walser):
- Rp.:
Bei Lungenbluten (nach Meyer):
- Rp.:
Lehrbuch der Biologischen Heilmittel, 1938, was written by Dr. Med. Gerhard Madaus.