Erica. Calluna vulgaris, Heidekraut. Ericaceae.

Botanical name: 

Name: Callúna vulgáris Salisb. (= Erica DC., = C. sagittaefolia Gray, = Erica vulgaris L. und schon Thal in Harzflora 1577). Heidekraut, Besenheide. Französisch: Bruyère commune, brande, béruère; englisch: Common heather, ling; italienisch: Erica minore, brughiera, brentoli, grecchia, cecchia, sorcelli; im Tessin: brüg; dänisch: Hedelyng; norwegisch: Rosslyng; polnisch: Wrzos; russisch: Wieresk; tschechisch: Vřes obecny; ungarisch: Csarab.

Weiteres Vorkommen: Atlantisches Nordamerika (von Massachusetts bis Neufundland) nicht ursprünglich.

Namensursprung: Calluna wird vom griechischen χαλλ_νω (kallýno) = reinige, fege wegen der Verwendung der Pflanze zu Besen abgeleitet, während in dem Namen Erica sich unschwer das griechische _ρε_χο (ereíko) = breche unter Bezugnahme auf die leicht abbrechbaren Stiele erkennen läßt. Das Wort Heide kommt im Althochdeutschen als heida nur als Pflanzenname vor und wurde erst später auf den Standort, die waldlose, unbebaute Ebene, übertragen.

Volkstümliche Bezeichnungen: Hedorn (Anhalt), Haad, Häd, Hâdch (fränkisch), Hoaderer, G'hoiderer, Hâdach, Hoadn (bayrisch-österreichisch), G'heid (Baden, Schweiz). Als besondere Bezeichnung und zum Unterschied von verwandten Erica-Arten heißt die Art auch Bessen-, Brandheide (untere Weser), Stock-, Krup- und Riesheide, Kohheid = Kuh-, Kruse Hehe = Krause Heide (Westfalen), Ramhäd (Nahegebiet), Binnheidi (Nordböhmen). Die schweizerischen Bezeichnungen Brüsch, Breusch, Gaißbrüüsch, Prisi, Prig, Prisch kommen wohl aus dem Romanischen, auch Bruch und Rucha-Brug (Schweiz). Wegen der Ähnlichkeit der Blätter mit denen des Sefenbaumes heißt das Heidekraut Wûlda Seignbaum (Böhmerwald), Seefen (Allgäu), (wilde) Sephi (Schweiz). Weitere Benennungen sind Rinkheiser, Ringheiß, Rink-, Rindsheide (Baden), Bâseries (Schweiz: Werdenberg), Sendel (Niederösterreich), Sendach (Osttirol, Kärnten).

Botanisches: Die Besenheide, die verbreitetste der gesellig wachsenden Heidekrautarten, ist ein 20-100 cm hoher Zwergstrauch mit niederliegenden, wurzelnden Sprossen und aufstrebenden Zweigen. Die Büsche haben eine Lebensdauer von zehn bis zwölf Jahren. Die glockigen Blüten, bei denen Kelch und Krone blaßrot (gelegentlich weiß) gefärbt sind, stehen in ziemlich einseitswendigen Trauben. Die Blütezeit ist in allen Höhenlagen fast gleichzeitig Ende Juli bis Anfang August. Die ungemein anpassungsfähige Pflanze stellt an den Boden fast gar keine Ansprüche. Sie verlangt auch nur ein geringes Maß von Luftfeuchtigkeit. Moore, trockene Wälder und Sanddünen bilden ihre Standorte. Sie kommt an der Meeresküste vor, geht aber auch in die Bergregion hinauf bis an die Baumgrenze. Da sie Kalk und Dung nicht verträgt, ist sie geradezu ein "Magerkeitsanzeiger". Ihr Vorkommen deutet auf das Vorhandensein von saurem Humus hin (acidophile Kieselpflanze), zu dessen Bildung sie beiträgt. Nach Stahl leben die Erikazeen mit einem Wurzelpilz (Mykorrhiza) in Symbiose. Heimat: Eurasien, Nordafrika und Nordamerika.

Geschichtliches und Allgemeines:

Mit dem von den Schriftstellern des klassischen Altertums erwähnten Heidekraute ist wohl meistens Erica arborea gemeint, da unsere Calluna vulgaris im Süden nur selten anzutreffen ist. Dioskurides empfiehlt das Laub und die Blüten der Baumheide als Umschlag gegen Schlangenbiß. Hieronymus Brunschwygk (geb. 1430) hat als erster Deutscher eine Beschreibung von Erica vulgaris und ihrer Wirkung gebracht. Die Kräuterbücher des 16. Jahrhunderts rühmen das Heidekraut als schleimlösendes, harn- und schweißtreibendes Mittel, das bei Nierensteinkrankheiten, Gicht und Rheumatismus, Augenentzündungen, Leibschmerzen zu gebrauchen sei. Tabernaemontanus schreibt: "Es werden diese Blümlein gelobet / daß sie den Miltzsüchtigen gar gut seyn sollen. Es sollen auch die Blumen gut seyn wider das Quartanfieber. Das Öl aus den Blumen wird hoch gelobet wider die bösen Flechten / Herpetes genannt / sonderlich unter dem Angesicht." Während des Krieges wurde der Aufguß des getrockneten Heidekrautes als Tee-Ersatz empfohlen.

Wirkung

Von Hippokrates (Fuchs, Hippokrates Sämtl. Werke, Bd. 3, S. 350.) wird nur die Baumheide (Erica arborea) als Uterusmittel erwähnt,

Hieronymus Bock (Bock, Kreutterbuch, 1565, S. 351.) jedoch meint unser Heidekraut, wenn er schreibt, daß "die Heyden blümlin haben krafft, knollen vnd geschwulst zu zertheylen".

Matthiolus (Matthiolus, New-Kreuterbuch, 1626, S. 43.) lobt ihre schweißtreibende Wirkung und empfiehlt sie bei Darmgicht, Milz, Steinbeschwerden, den Saft der Blätter äußerlich gegen Augenentzündungen und -schmerzen, den der blühenden Zweige gegen Geschwülste, die Blüten zu Dampfbädern bei Podagra und das Blütenöl schließlich gegen Herpes.

v. Haller (v. Haller, Medicin, Lexicon, 1755, S. 608.) nennt als Indikation u. a. Wunden, Grieß- und Blasensteine.

Kneipp (Seb. Kneipp, Das große Kneippbuch, S. 741, München 1935.) erwähnt das Heidekraut in einer Teemischung zusammen mit Wermut und Ginster gegen Rheumatismus.

Nach Leclerc (H. Leclerc, Précis de Phytothérapie, S. 57, Paris 1927.) wirkt das Heidekraut diuretisch und eiterwidrig. Er hatte wiederholt Gelegenheit, es bei Cystitis und Pyurie anzuwenden und glaubt, daß die Wirkung derjenigen von Uva ursi mindestens gleich-wertig, ja u. U. sogar überlegen ist. In zwei Fällen von Enteritis und Bakteriourie wandte er die Abkochung der Pflanze mit gutem, anti-zymotischem Effekt an. Der spärliche, übelriechende und trübe Urin normalisierte sich völlig. Außerdem verschwanden die Tenesmen bei der Miktion.

Dem Blüteninfus wird in der Volksmedizin leicht narkotische Wirkung und daher Heilkraft bei Schlaflosigkeit nachgerühmt (Schulz, Wirkg, u. Anwendg. d. dtsch. Arzneipfl., S. 186.). Auch gegen Rheumatismus (Geßner, Gift- u. Arzneipfl. v. Mitteleuropa, S. 162.) gebraucht man das Kraut, das u. a. Arbutin (Maisch, Amer. J. of Pharm. 1874, Bd. 46, S. 314.), Querzitrin, Karotin, etwa 7% Katechu-Gerbstoff (Reegan, Chem. News 1915, Bd. 112, S. 203.), Fumarsäure, Gerbsäure, Zitronensäure, Ericolin, Ericinol und Eridonin (L. Kroeber, Pharm. Zentralh., 72, 244.) enthält. Die frischen Blüten der verwandten Sumpfheide, Erica tetralix, dienen als Mittel gegen Febris quartana (Vgl. 5).).

Zur Wertbestimmung diente die Untersuchung auf den Gehalt an Arbutin und Hydrochinon. Es wurden in der homöopathischen Urtinktur 0,07% Arbutin und 0,24% Hydrochinon gefunden. Das Glykosid war also zu 47,4% gespalten (Nach eigenen Untersuchungen; vgl. auch Kuhn u. Schäfer, Dtsch. Apoth.-Ztg., 50, 1800, 1935.).

Verwendung in der Volksmedizin außerhalb des Deutschen Reiches (nach persönlichen Mitteilungen):

Norwegen: Gegen Steinkrankheiten und als blutstillendes Mittel.

Polen: Zu Bädern bei gichtischen Leiden.

Ungarn: Gegen Weißfluß und Nierensteine, als Bad gegen Gicht.

Anwendung in der Praxis auf Grund der Literatur und einer Rundfrage:

Erica vulgaris wird häufig bei Rheumatismus, Arthritis urica und Lithiasis, ferner bei Harnsäure-Diathese, Blasen- und Nierenleiden, besonders Nierensteinen und -grieß und Cystitis der Prostatiker verordnet. In seiner schweißtreibenden Wirkung kann der Tee auch gegen Fieberkrankheiten gute Dienste leisten. Des weiteren wird Erica gern als Blutreinigungsmittel bei Exanthemen, Ekzemen und skrofulösen Ulzera verschrieben und wird als harmloses Schlafmittel, ferner bei Diabetes, Arteriosklerose und krampfartigen Magenschmerzen empfohlen. Bei Rachitis können nach Pfleiderer, Ulm, Erikabäder sehr hilfreich sein.

Erica wird meistens im Teegemisch mit solchen Mitteln verordnet, die zu der jeweiligen Indikation passen.

Angewandter Pflanzenteil:

Bock benützte in erster Linie die Blüten, daneben die Blüten mit den jungen Zweigen.

Matthiolus verordnete Blüten, Blätter und Zweige.

v. Haller erwähnt das blühende Kraut, das nach Geiger als Herba Ericae früher offizinell war.

Zörnig und Thoms nennen das blühende Kraut, Thoms führt außerdem noch die Blüten allein auf.

Für die Präparate, auch das "Teep", sind die frischen blühenden Zweige (Sammelzeit: August bis Oktober) zu benutzen. Die homöopathische Urtinktur nach dem HAB. wird ebenso bereitet (§ 3).

Dosierung:

Übliche Dosis:
3-4 Teelöffel voll (= 4,2-5,6 g) zum kalten Auszug oder heißen Infus täglich.
½ Teelöffel voll der Frischpflanzenverreibung "Teep" dreimal täglich. Das Mittel muß längere Zeit gebraucht werden.
(Die "Teep"-Zubereitung ist auf 50% Pflanzensubstanz eingestellt.)

Maximaldosis:

Nicht festgesetzt.

Rezepte:

Bei Gicht und Rheuma:

Rp.:
Hb. Ericae conc. . . . 50 (= Heidekraut)
D.s.: 3 Teelöffel voll mit 2 Glas Wasser kalt ansetzen, 8 Stunden ziehen lassen und tagsüber trinken.
(Teezubereitung: Die Extraktgehalte des im Verhältnis 1:10 kalt und heiß bereiteten Tees unterscheiden sich nicht sehr; sie liegen bei 0,45%. Der Aschengehalt des Glührückstandes beträgt bei der heißen Zubereitung 0,05% und bei der kalten Zubereitung 0,08%. Die Peroxydasereaktion war bemerkenswerterweise in der heißen Zubereitung stärker als in der kalten, wo sie nur schwach auftrat. Geschmacklich konnte zwischen den beiden Zubereitungen kein Unterschied festgestellt werden. Ein Ansatz 1:50 ist noch gut trinkbar.
1 Teelöffel voll wiegt 1,4 g. Der Ansatz des Tees kann demnach kalt oder auch heiß unter Verwendung von 1-2 Teelöffel voll auf 1 Teeglas erfolgen.).
Rezepturpreis ad chart. etwa -.52 RM.

Bei Diabetes (nach Feldmann):

Rp.:
Hb. Ericae vulgaris (= Heidekraut)
Fol. Salviae (= Salbeiblätter)
Hb. Alchemillae . . . aa 20 (= Frauenmantelkraut)
M.f. species.
D.s.: 4 Teelöffel voll auf 2 Glas Wasser, vgl. Zubereitung von Teemischungen S. 291.
Rezepturpreis ad chart. etwa -.67 RM.

Bei Rheuma (nach Hämmerle):

Rp.:
Hb. Ericae vulgaris (= Heidekraut)
Hb. Millefolii . . . aa 25 (= Schafgarbenkraut)
M.f. species.
D.s.: 4 Teelöffel voll auf 2 Glas Wasser, vgl. Zubereitungen von Teemischungen S. 291.
Rezepturpreis ad chart. etwa -.52 RM.

Oder (Götze):

Rp.:
Flor. Ericae vulgaris . . . 30 (= Heidekraut)
Flor. Chamomillae . . . 10 (= Kamillenblüten)
Hb. Thymi vulgaris conc. . . . 10 (= Gartenthymiankraut)
M.f. species.
D.s.: 4 Teelöffel voll auf 2 Glas Wasser, vgl. Zubereitung von Teemischungen S. 291.
Rezepturpreis ad chart. etwa -.97 RM.

Lehrbuch der Biologischen Heilmittel, 1938, was written by Dr. Med. Gerhard Madaus.