Foeniculum. Fenchel. Umbelliferae.
Name: Foenículum vulgáre Miller (1768) sens. ampl., em. Gaertner 1788, (= Foeniculum capillaceum Gilbert, = Foeniculum officinale All., = Anethum foeniculum L. und Varietäten). Garten-Fenchel. Französisch: Fenouil, aneth doux, aneth fenouil; englisch: Common fennel, finkel, spingel; italienisch: Finocchio scartosi (Brescia); dänisch: Fennikel; norwegisch: Fennikel; polnisch: Koper wloski, Fenchul; russisch: sladkij ukrop; schwedisch: Fänkol; tschechisch: Fenykl obecný; ungarisch: Edeskömeny.
Verbreitungsgebiet: Angebaut und verwildert in West-u. Mitteleuropa, Abessinien, Südafrika, China,Japan, Neuseeland, Nord-u. Südamerika usw.
Namensursprung: Das lateinische Foeniculum ist der Pflanzenname bei Plinius, wohl unsern Fenchel bedeutend; Diminutivform von lat. foenum = Heu wegen der schmalen, beim Welken und Vertrocknen heuartig aussehenden Blattzipfel. Das deutsche Fenchel (althochdeutsch fenahhal) ist aus dem lateinischen foeniculum entlehnt.
Volkstümliche Bezeichnungen: Fennkol, Finkel (niederdeutsch), Fennekel (Niederrhein), Fennich (z. B. Egerland, Baden).
Botanisches: Der Fenchel ist eine ausdauernde, zweijährige, bis 2 Meter hohe Pflanze. Sie hat eine spindelförmige, fleischige Wurzel. Der Stengel ist stielrund, fein gerillt und markig. Die langen Blattscheiden haben an der Spitze mützenförmige Öhrchen. Die Blätter sind drei- bis mehrfach gefiedert mit verlängerten pfriemlichen Zipfeln. Die ganze Pflanze ist blaßgrün bereift. Die gelben Blüten stehen in zehn- bis zwanzigstrahligen Dolden. Hülle und Hüllchen fehlen. Die gelbbraunen Früchte haben braune Ölstriemen. Sie bilden das gute Unterscheidungsmerkmal gegenüber dem sehr ähnlichen Dill. Beim Fenchel sind sie stark gewölbt, beim Dill flach. Alle Teile der Pflanze riechen angenehm aromatisch und schmecken ebenso und zugleich süß. Die Pflanze ist im Mittelmeergebiet heimisch, wird zuweilen angebaut und kommt dann und wann auf Schutt verwildert vor. Die altbekannte Heil- und Gewürzpflanze liebt einen tiefbearbeiteten mergel- oder kalkreichen Boden und etwas feuchte, aber sonnige Lage. Blütezeit: Juli bis August.
Geschichtliches und Allgemeines:
Der Fenchel ist dank seines angenehmen Geschmacks und Geruches schon im Altertum als Heil- und Gewürzpflanze überall bekannt gewesen. Ihm entspricht das marathron des Theophrast und des Dioskurides, sowie das foeniculum des Columella und das foeniculum des Plinius. Kraut und Früchte befördern nach Dioskurides die Milchabsonderung, die Wurzel fein zerstoßen und mit Milch getrunken heile den Biß des tollen Hundes, die Abkochung des Blütenstengels sei für Blasen- und Nierenleiden zuträglich, mit Wein getrunken sei der Blütenstengel gut gegen Schlangenbiß. - Plinius erzählt die alte Fabel, daß die Schlangen, wenn sie ihre Haut abstreiften, mit Fenchelsaft ihre Augen stärkten und meint, daß auch die Augen der Menschen dadurch gestärkt würden. Scribonius Largus nennt den Fenchelsaft als Bestandteil eines Augenmittels und empfiehlt den Samen zu Kataplasmen bei Podagra. Auch bei den alten Ägyptern, Arabern und Chinesen war der Fenchel bekannt. Im Mittelalter wurde der Fenchel häufig in den Kräuterbüchern erwähnt. So z. B. empfiehlt das Rezeptbuch des Marcellus Empiricus aus Bordeaux (etwa 5. Jahrh. n. Chr.) als Mittel gegen starken Husten, saubere grüne Fenchelwurzel zu zerstoßen und den Saft nüchtern mit altem Wein neun Tage hintereinander auf der Türschwelle zu trinken. Die allgemeine Wertschätzung, deren sich der Fenchel in früheren Zeiten erfreute, wird in folgendem nach Weinmann zitierten Spruch ausgedrückt:
Äußerlich wird das ätherische Öl gern als Antiparasitikum angewandt und zwar gegen Läuse und Flöhe, hauptsächlich aber gegen Krätzmilben und Hühnerläuse. Das gemahlene Fenchelstroh ist Hauptbestandteil des üblichen Kraftfutters für das Vieh.
Wirkung
Der Fenchel wird schon von Hippokrates (Fuchs, Hippokrates Sämtl. Werke, Bd. 1, S. 330, Bd. 2, S. 448, 525, Bd. 3, S. 326, 332, 341, 346, 350 u. f.) und Paracelsus (Paracelsus Sämtl. Werke, Bd. 3, S. 410, 539, 545, 559.) empfohlen.
Von Bock (Hieronymus Bock, Kreutterbuch, Straßburg 1565, S. 166) zum innerlichen und äußerlichen Gebrauch bei Augenleiden, gegen Vergiftungen und als milchsekretionsförderndes Mittel geschildert. Die hl. Hildegard (Der Hlg. Hildegard Causae et Curae, S. 158, 178.) verwandte ihn zur Schleimlösung.
Nach v. Haller (v. Haller, Medicin. Lexicon, S. 663.) kommt dem Fenchelsamen magen- und darmstärkende und erwärmende, windzerteilende, diuretische, galaktagoge und augenstärkende Kraft zu; auch soll Fenchel bei Bauchschmerzen, Kolik, Gastrospasmen, ferner bei Husten und anderen Brust- und Lungenaffektionen dienlich sein.
Auch Osiander (Osiander, Volksarzneymittel, S. 52, 257, 288, 336, 385.) und Hufeland (Hufeland, Enchir. medic., S. 76, 164, 260, 440; Journal, Bd. 1, S. 329.) schätzten ihn.
In der Volksmedizin wurde besonders gern vom Fenchel bei Meteorismus kleiner Kinder Gebrauch gemacht, auch bei Bronchialkatarrh findet er Anwendung (Schulz, Wirkg. u. Anwendg. d. dtsch. Arzneipfl., S. 235.).
Hertwig (Hertwig, Gesund durch Heilpflanzen, S. 73.) beobachtete, daß durch regelmäßigen Zusatz von Fenchel zu der Nahrung schwächlicher Kinder, diese sich langsam kräftigten. Andererseits soll der Fenchel einen aufgeschwemmten Organismus allmählich entfetten.
Nach Potter (Potter, Handb. of Materia medica, Pharmacy and Therapeutics, S. 287.) wird der Fenchel hauptsächlich als Karminativum, Stomachikum und mildes Stimulans gebraucht.
Auch in Frankreich wird die Pflanze, besonders wenn sie frisch ist, als stark wirkendes diuretisches Mittel angesehen. H. Leclerc (Leclerc, H., Précis de Phytothérapie, S. 47.) berichtet von einem gichtischen Offizier, dessen Nierenfunktionen durch die Anstrengungen des Weltkrieges in starkem Maße nachgelassen hatten, und den er mit ausgezeichnetem Erfolge zum Frühstück einige Flaschen vom Infus des frisch geernteten Fenchels trinken ließ.
Über die Verwendung in der tschechischen Volksmedizin gibt folgende, von Dostál zusammengestellte Übersicht Auskunft:
Nach Veleslavín (1) stärkt Fenchel den Magen, schärft das Auge, unterstützt die Verdauung, regt die Milchdrüsentätigkeit an, heilt die Nieren, die Blase, Milz und Leber. Äußerlich angewendet, stärkt Fenchel die Augen, vertilgt Ohrenwürmer und heilt die Pocken. - Wird der Fenchel den Speisen zugegeben, reinigt er das Auge. Zerstoßen und mit Schweinefett vermengt, reinigt er das Gesicht von Sommersprossen und Mitessern. Alte Leute sollen zur Stärkung der Augen Brot in Wein getränkt und mit Fenchelpulver bestreut, essen. Falls man jeden Tag früh einen Löffel des gezuckerten Fenchels ißt, wird die Sehkraft gestärkt, die Schwindelanfälle verschwinden, die Milch der stillenden Mütter wird vermehrt und verbessert, die Lunge wird gereinigt und die Nierenschmerzen verschwinden (2).
Pulverisierte Samen in Milch gekocht, heilen Kolik- und Krampfanfälle (3). Ein Dekokt aus Samen wird als Medizin bei Augenerkrankungen genommen (3, 4). Ferner unterstützt Fenchel die Milchdrüsentätigkeit und heilt Flatulenz.
Literatur: (1) Veleslavín 1596, 276 A; (2) č. Zibrt, Vavák (čL. XVII. 373.); (3) Polívka, Květena II. 676; (4) Morávek, Rostlinná léčiva, 1904, 62.
Unter dem Namen Huai-hsiang werden die Fenchelsamen in China als Mittel gegen Dyspepsie, Cholerine, Nephropathien und Schlangenbiß gebraucht (Tsutomu Ishidoya, Chinesische Drogen, Teil I, S. 87.).
Außerdem führt Hübotter (Hübotter, Beitr. zur Kenntnis der chin. sowie der tib.-mong. Pharmakologie, S. 122.) noch Augenerkrankungen, Vergiftungen und Temperaturerhöhung des Pneuma als in der mongolischen Medizin gebräuchliche Indikationen an.
Die Früchte enthalten meist 1-4%, die mancher Sorten auch 4-6% ätherisches Öl mit den Hauptbestandteilen Anethol (50-60% neben d-Fenchon), d-Pinen und Dipenten (Wehmer, Die Pflanzenstoffe, S. 883.).
Die bitteren Fenchelfrüchte sind am ölreichsten. Nach de Graaff (de Graaff, W. C., Utrecht, Heil- und Gewürzpflanzen, Bd. XII, S. 30, 1929/30.) sollen sie mindestens 5% ätherisches Öl haben, die Früchte des süßen Fenchels mindestens 2,5%. Bei fünfjähriger Lagerung verlieren nach einer Untersuchung von Stamm und Willner (Stamm, J., u. Willner, E., über Verminderung des Gehaltes verschiedener Drogen an ätherischem Öl infolge längerer Aufbewahrung derselben, Pharmacia, Reval 1934.) die Fenchelsamen 38,9% ätherisches Öl.
Das Fenchelöl wirkt kapillarerweiternd und entzündungsverstärkend (Arnold, Naunyn-Schmiedebergs Arch. 1927, Bd. 123, S. 129.), also entgegengesetzt wie die Kamille, wie Arnold an künstlichen Entzündungen durch Senföl, Höhensonne und Tuberkulin zeigen konnte.
Nach Ripperger (W. Ripperger, Grundlagen zur praktischen Pflanzenheilkunde, S. 217, 1937.) stehen die Wirkungen des ätherischen Öles des Fenchels im gewissen Gegensatz zu denen des Anisöles. Das Fenchelöl hat ein rasch eintretendes, ausgesprochenes und langanhaltendes Excitationsstadium, wobei die Krampferregung im Vordergrund steht. In großen Dosen ruft es epileptiforme Krisen, heftiges Zittern, lebhafte allgemeine Erregung und Halluzinationen hervor, die dann von Niedergeschlagenheit und Somnolenz gefolgt sind. Dagegen hat das Anisöl ein recht kurzes Excitationsstadium und erweckt mehr den Eindruck eines Betäubungsmittels.
Im übrigen wirkt das Fenchelöl, wie alle ätherischen Öle, hyperämisierend auf die Beckenorgane. Es reizt die Niere, und nach größeren Dosen kann es zu schweren Nierenschädigungen, selbst zur Anurie, kommen. Durch die Reizung des gesamten Magen- und Darmkanals können Schmerzen, Erbrechen und Durchfälle erzeugt werden. Auf reflektorischem Wege kommt es zur Erregung, besonders des schwangeren Uterus, und man sieht nicht selten bei Vergiftungen mit ätherischen Ölen Abort auftreten. In geringeren Dosen, wie sie in den gewöhnlichen Fenchelauszügen enthalten sind, kommt es nur zur gesteigerten Diurese, zur Appetitanregung, Förderung der Verdauungsvorgänge und Förderung der Menstruation.
Verwendung in der Volksmedizin außerhalb des Deutschen Reiches (nach persönlichen Mitteilungen):
Dänemark: Als Diuretikum, Emmenagogum und Galaktagogum, bei Husten und Verdauungsbeschwerden; äußerlich als Augenwasser.
Norwegen: Gegen Kolik, Steinleiden und als Diuretikum; äußerlich zu Umschlägen auf Geschwüre und als Augenwasser (I. R.-K.).
Polen: Als Karminativum für Säuglinge.
Ungarn: Als Emmenagogum und Diuretikum, gegen Husten.
Schematische Darstellung der Häufigkeit der Anwendung von:
** missing image **Anwendung in der Praxis auf Grund der Literatur und einer Rundfrage:
Foeniculum findet als aromatisches Stomachikum, Karminativum und Expektorans vorwiegend in der Kinderpraxis Anwendung. Im einzelnen wird es also bei Magen- und Darmschwäche, chronischer Obstipation mit Blähungen, Flatulenz mit Kolik, Durchfällen und Magen- und Darmkrämpfen gebraucht. Als Expektorans wird Fenchel häufig bei Bronchitis, Tussis, auch bei Krampf- und Keuchhusten, und Lungenleiden genannt. Sehr bewährt hat sich das Mittel auch als Galaktagogum, weiter wird es als Emmenagogum und Diuretikum bei Blasen- und Nierenleiden verwendet (hier empfiehlt Ryskiewiecz, Rottweil, das frische Fenchelkraut in rohem Zustande). Zur Stärkung der Augen bei Asthenopie und bei Konjunktivitis wird der Fencheltee zu Waschungen sehr gelobt. Schließlich wird Foeniculum noch bei Grippe, Rachitis und Skrofulose erwähnt. Sehr beliebt ist die Verordnung im Teegemisch mit Anisum und Carum carvi.
Angewandter Pflanzenteil:
Hippokrates erwähnt die Samen, Wurzel und die "Meerfenchelrinde".
Dioskurides gebrauchte Kraut, Samen, Wurzel und Stengel.
Bei Bock steht der Gebrauch des Samens im Vordergrund.
Die hl. Hildegard nennt das Kraut, v. Haller in erster Linie den Samen, dann die Wurzel und zuletzt das Kraut, das die geringste Wirkung hätte. Nach Geiger waren die Wurzel, das Kraut und die Frucht mit den Samen, Radix, Herba et Semen Foeniculi vulgaris seu acris, offizinell.
Zu Geigers Zeit wurde am meisten der Samen gebraucht.
Hufeland, Potter und Schulz erwähnen die Samen.
Thoms betont die Verwendung der Samen als Heilmittel, außerdem führt er noch die selten gebräuchliche, in Frankreich offizinelle Wurzel an.
Zur Bereitung der Präparate eignen sich am besten die reifen Früchte (Erntezeit: September des zweiten Jahres), aus denen auch das "Teep" hergestellt wird. Die homöopathische Tinktur nach dem HAB. hat den gleichen Ausgangsstoff (§ 4).
Fructus Foeniculi sind offizinell in allen Ländern mit Ausnahme von Frankreich und Rumänien.
Dosierung:
- Übliche Dosis:
Maximaldosis:
Rezepte:
Als Karminativum und Stomachikum:
- Rp.:
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Als Galaktagogum (nach Rosenstein):
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Kinderberuhigungstee (Wiener Vorschr.):
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Als Emmenagogum (nach Schenk):
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Als Expektorans (nach Kroeber):
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Als Diuretikum (Gall.):
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Aqua ophthalmica Romershausen (Ergänzb.):
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Bei Krampfhusten (nach Zimmermann):
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Augentrost Kneipps:
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Lehrbuch der Biologischen Heilmittel, 1938, was written by Dr. Med. Gerhard Madaus.