Genista tinctoria. Färbeginster. Leguminosae.
Name: Genista tinctória L. (= Spartium tinctorum Roth, = Genistoides tinctoria Moench, = Cytisus tinctorius Vis.). Färbeginster, Farbkraut, Gilbkraut, Galeise, Grünholz, Rohrheide. Französisch: Genèt bâtard, petit genêt, genestrolle, herbe à jaunir, fleur à teindre, herbe aux teinturiers; englisch: Greenweed, dyer's greenweed; italienisch: Ginestrina, ginestrella, ginestruzza, ginestraggine, baccellina, ceretta, corneola, videssa; dänisch: Farve-Visse; polnisch: Janowiec; russisch: Drok, zeltucha; schwedisch: Ginst; tschechisch: Kručinka barvířská; ungarisch: Rekettye.
Namensursprung: Genista, verwandt mit geno, gigno = hervorbringen, wegen des raschen Wachstums - oder vom keltischen gen = kleiner Strauch - oder verwandt mit χνίστις (kneestis) = ein Messer, womit man den Käse abkratzt, von χν_ω (knao) = kratzen, wegen der Dornen; tinctorius = zum Färben brauchbar.
Volkstümliche Bezeichnungen: Da man die Pflanze früher zum Färben benutzte, heißt sie Farbblume (Gotha), Farbchrut (Schweiz), nach der gelben Blütenfarbe auch Goldkraut (Böhmerwald), galer (gelber) Schar (Gotha). Andere Namen sind ferner Guckucksblume (frühe Blütezeit) (Nassau), Hosabrut = Hasenbrot, Hosakrettich = Hasenkraut (Riesengebirge), Johannisbrötchen (Oberharz), Weiberzorn (besonders für die dornige Genista germanica) (Egerland), Ramsele (Baden), Drachenkraut (Nordböhmen), Wessenkräutel = Wespen- (Steiermark).
Botanisches: Der Färbeginster hat einen kurzen, niederliegenden Stamm, aus dem zahlreiche aufrechte, rutenförmige Zweige emporwachsen. Sie sind dornenlos, grün, kahl und tief gefurcht. Der Strauch wird 30-60 cm hoch und höher. Die lanzettlichen oder linealpfriemlichen Blätter sind wechselständig und sehr kurz gestielt, nach beiden Enden zugespitzt, kahl, oberseits dunkelgrün-glänzend, unterseits hellgrün und 8-10 mm lang bei einer Breite von 2-4 mm. Zwei sehr kleine lineal-pfriemliche Nebenblätter sitzen am Blattstiel. Die gelben Schmetterlingsblüten, die eine Explosionseinrichtung besitzen, bilden dichte, vielblütige, endständige Trauben. Der Kelch ist zweilippig, klein und walzlich. Die Frucht ist eine 2 cm lange, schwarze Hülse. Blütezeit: Juni bis Juli. Der Färbeginster kommt auf trockenen Wiesen, in Gebüschen und Wäldern vor und ist meist häufig. Er gedeiht sowohl auf saurem, als auch auf kalkreichem und gedüngtem Boden.
Geschichtliches und Allgemeines:
Mit diesem Namen belegten die Art bereits Clusius und Dodonaeus im 16. Jahrhundert. Als erster scheint sie der Italiener Benedetta Rinio in seinem 1415 erschienenen "Liber de simplicibus" von den anderen Ginstern unterschieden zu haben. Fuchs nannte sie Tinctorius flos, Gilbblûm, Bock Gäl Färbeblûmen, Heiden Schmuck, Thal Genista humilis Dodonaei, der Botanische Garten zu Eichstätt (1597) Cytisus primus Tabernaemontani. Rich. Mead (1673-1754) berichtet, daß er durch Genista Wassersucht geheilt habe. Professor Frerichs, Berlin (gest. 1885), gab ebenfalls Genista viel bei Wassersucht. P. Rayer (1825) erklärt, daß Genista bei Morbus Brightii beinahe spezifisch wirkt. Als Färbepflanze war Genista tinctoria schon den Alten bekannt. Aus seinen Samen wurden früher Zäpfchen gegen Nasenbluten hergestellt.
Wirkung
Hieronymus Bock (Bock, Kreutterbuch, 1565, S. 225.) rühmt Genista als blutstillendes und schweißtreibendes Mittel,
Matthiolus (Matthiolus, New-Kreuterbuch, 1626, S. 225.) außerdem als Diuretikum und Purgans, gegen Podagra und Hüftweh.
Recht zahlreich sind die Anwendungen, die Weinmann für den Färbeginster nennt. In den Vordergrund stellt er die diuretische Wirkung (Weinmann, J. W., Phytanthoza iconographia, Regensburg 1742, Bd. 3, S. 18.).
Osiander (Osiander, Volksarzneymittel, S. 457.) nennt ihn bei Hundswut.
Letztere Anwendung, die auch in der russischen Volksmedizin bekannt ist, ist jedoch, wie Alexejew (Alexejew, über die Behandlung der Tollwut mit einigen Volksmitteln der Ukraine-Flora, Charkow 1883, zit. nach A. A. v. Henrici, in Histor. Studien des pharm. Inst. d. Univ. Dorpat, herausgegeben von Kobert, 1894, Bd. IV, S. 36.) experimentell feststellen konnte, vollkommen zwecklos. Außer gegen Tollwut wird der Färbeginster in Rußland noch bei Brüchen, Skrofulose und Frauenkrankheiten gebraucht (v. Henrici, vgl. 5).).
Kneipp (Seb. Kneipp, Das große Kneippbuch, S. 922, München 1935.) lobt den Deutschen Ginster (Genista germanica L.) bei Grießund Steinleiden. Bei Entkräftung oder in der Rekonvaleszenz ist der Ginstertee nach ihm sehr wirksam. Nach dem Teegebrauch soll viel Schleim abgehen.
Nach Bohn (Bohn, Die Heilwerte heim. Pflanzen, S. 63, Leipzig 1935.) führen die Samen gewaltig ab. Die Milch der Kühe, die sie fressen, schmeckt bitter. Die Blüten sollen purgieren; Schur beobachtete nach ihrem Gebrauch auch ein scheibenförmiges Exanthem von dunklen zusammenfließenden Flecken an Kinn und Ellenbogen (Hecker, Praktische Arzneimittell., Bd. 2, S. 115.).
Sie enthalten Farbstoffe (Luteolin und Genisteïn) und ätherisches Blütenextraktöl (Perkin and Newbury, J. Chem. Soc. 1899, Bd. 75, S. 830; Treff, Ritter u. Wittrisch, J. Prakt. Chem. 1926, Bd. 113, S. 355.) und nach Geßner (O. Geßner, Die Gift- und Heilpflanzen von Mitteleuropa, S. 28, Heidelberg 1931.) das nikotinähnliche Cytisin.
Hinsichtlich der Erhaltung der Fermente in Genista tinctoria wurde festgestellt, daß im "Teep"-Präparat Peroxydase, Oxydase und Katalase gut erhalten waren, während in der homöopathischen Tinktur Katalase und Oxydase nicht und Peroxydase nicht mit Sicherheit nachzuweisen waren (Nach eigenen Untersuchungen, vgl. auch Kuhn u. Schäfer, Pharm. Ztg. 1935, Bd. 80, S. 1029.).
Verwendung in der Volksmedizin außerhalb des Deutschen Reiches (nach persönlichen Mitteilungen):
Ungarn: Gegen Wassersucht, Nierensteine, Milzschwellung, Leber- und Lungenleiden.
Anwendung in der Praxis auf Grund der Literatur und einer Rundfrage:
Genista tinctoria wirkt diuretisch und den Stoffwechsel anregend. In erster Linie wird das Mittel bei Hydrops (auch kardialem, wenn Digitalis versagt), Cysto- und Nephropathien (Brightscher Nierenkrankheit und Schrumpfniere) und Grieß- und Steinleiden verordnet. Bei Nephrolithiasis konnte Schönmehl, Goddelau, einen Patienten, bei dem eine Operation unvermeidlich schien, durch Darbietung von Genista tinctoria im Teegemisch mit Polygonum, Fructus Cynosbati und Equisetum und mit Oleum Lini sulfurati von den Steinen befreien. Ebenso wird es erfolgreich bei Leber- und Milzkrankheiten, Hämorrhoiden, Gicht, Rheuma und schließlich bei Hautleiden, insbesondere nässenden Flechten, angewendet.
B. Schmidt empfiehlt es als Rekonvaleszenzmittel bei Abmagerung.
Angewandter Pflanzenteil:
Bock kennt die Verwendung von Kraut und Samen.
Samen und Blumen sind auch bei Lonicerus angeführt und als beste Zeit zur Verwendung wird die Zeit zu Beginn der Blüte genannt.
Auch Geiger erwähnt, daß ehedem die Samen gebraucht worden wären und bezeichnet Kraut und Blumen oder vielmehr die Spitzen als offizinell.
Die Summitates Genistae tinctoriae finden sich angegeben bei Osiander, Hager und Schulz, während Allen und Clarke, Buchheister-Ottersbach, Thoms und Bohn das frische Kraut verwenden lassen.
F. Müller dagegen schließt sich wieder den Alten an, wenn er Blüten und Samen verwenden läßt.
Das HAB. läßt zur Herstellung der Essenz zu gleichen Teilen die frischen Sprosse, Blätter und Blüten verwenden (§ 3). Auch das "Teep" wird aus dem frischen, zur Zeit der beginnenden Blüte gesammelten Kraut hergestellt.
Dosierung:
- Übliche Dosis:
Maximaldosis:
Rezepte:
Bei Hydrops und bei Grieß- und Steinleiden:
- Rp.:
1 Teelöffel voll wiegt 2,1 g. Der Tee wird zweckmäßig heiß unter Verwendung von 1 Teelöffel angesetzt.).
Bei Grieß- und Steinleiden (nach Sell):
- Rp.:
Bei Nierensteinen (nach Schönmehl):
- Rp.:
Lehrbuch der Biologischen Heilmittel, 1938, was written by Dr. Med. Gerhard Madaus.