Menyanthes trifoliata. Bitterklee, Fieberklee. Gentianaceae.
Name: Menyánthes trifoliáta L. Sumpf-Bitterklee, Dreiblatt, Zottelblume. Französisch: Trèfle de marais, trèfle d'eau, ményanthe; englisch: Buck-bean, bog-bean, marsh-trefoil; italienisch: Trifolio fibrino, trifoglione d'acqua; dänisch: Bukkeblade, Bitterklöver, Gedeklov; litauisch: Pupalaiškis; norwegisch: Bukkeblad. Gjeiteklöv; polnisch: Bobrek, Trojliść; russisch: Bobownik, Trifol; schwedisch: Vattenklöver; tschechisch: Vachta třilistá; ungarisch: Vidrafü, Keserülóhere.
Weiteres Vorkommen: Gemäßigtes Asien (bis Japan). Nordamerika.
Namensursprung: Die Deutung des Namens Menyanthes ist unklar; angeblich soll er vom griechischen μεν_ιν (menyein) = offenbaren, anzeigen und _νθος (anthos) = Blüte, wohl in bezug auf die auffallenden Blüten, abgeleitet sein; trifoliata ist aus dem lateinischen tres = drei und folia = Blätter entstanden. Die Bezeichnung Bitterklee erklärt sich aus dem bitteren Geschmack dieser Gentianacee; die schriftdeutsche Bezeichnung Fieberklee wird auf die Verwendung der Pflanze gegen Fieber zurückgeführt.
Volkstümliche Bezeichnungen: Bitterblad (alte Land), Bitterkli (Nordböhmen). Von Fieberklee: Feverkrut (Schleswig). Im Niederdeutschen nennt man die Pflanze mit Beziehung auf die Form der Blätter Dreeblatt; auch eine Ähnlichkeit mit denen der Bohnen sieht das Volk, daher Wille (wilde Boonen), Boonenblad (Hannover), Wille Baunen (Osnabrück), wildi Bohna, Moosbohna (Waldstätten). Auf den feuchten Standort (in Moosen) des Bitterklees weisen hin: Freschekohl, -kiedl (Moselgebiet), Moospflanze (Böhmerwald), Moosklee (Kärnten), Wilda Jazingga, Moos-Zingga (St. Gallen), Riedgläsli Gläsli = Hyazinthe (Thurgau), Wassergläsli (Züricher Oberland).
Botanisches: Die ausdauernde, 15-30 cm hohe Pflanze mit kriechender, später in einen aufsteigenden Stengel übergehender Grundachse, ist in Eurasien und Nordamerika anzutreffen. Die dreizähligen, langgestielten Blätter sind grundständig, kahl, etwas dicklich und erinnern an ein riesiges Kleeblatt. Die Blüten bilden eine ziemlich dichte Traube, sie sind mittelgroß, rötlich-weiß oder weiß. Die Blumenblätter sind verwachsen und bilden einen Trichter mit fünf lanzettlichen, innen bärtigen Zipfeln. Der Stengel ist ziemlich lang und krautig-fleischig. Das ausdauernde, kleinfingerdicke Rhizom kriecht horizontal im Sumpfboden. Menyanthes trifoliata ist eine typische Pflanze der Verlandungszonen und trägt durch ihren 2 m langen verflochtenen Wurzelstock selbst zum Fortschreiten der Verlandung mit bei. Die Anpassungsfähigkeit und Zähigkeit der Pflanze ist außerordentlich groß. So vermag sie einerseits sich noch einer Wassertiefe von 2 m anzupassen und dringt doch andererseits bis in das letzte Verlandungsstadium vor. Sie ist eine typische Pflanze für die im Sommer kaltgründigen Quellmoore. Sie enthält Jod.
Blütezeit: Mai bis Juni.
Geschichtliches und Allgemeines:
Der Bitterklee, der pflanzengeographisch als circumpolare Pflanze zu bezeichnen ist, war naturgemäß den Alten unbekannt. Auch von L. Fuchs wird er nicht genannt, dagegen von Valerius Cordus, Tabernaemontanus, Thalu. a. als Trifolium palustre, Lotus palustris usw. Simon Paulli erzählt in seinem Quadripartitum botanicum, daß er mit dieser Pflanze drei Personen vom Skorbut geheilt hätte. Murray erwähnte sie als Mittel gegen Obstipation, Skorbut, Podagra, Würmer und Uterusblutungen. Die antipyretische Wirkung hielt er für unzuverlässig. Andere alte Ärzte machten aus dem Bitterklee ein Universalmittel für alle Krankheiten vom Asthma bis zur Kopflaus. Gmelin empfahl ihn bei Gicht und Wassersucht im Anfangsstadium.
Wirkung
Bock (Bock, Kreutterbuch, 1565, S. 264.) erwähnt den Bitterklee als "Wysen-Mangolt" zur Stillung roter Bauchflüsse, äußerlich gegen hitzige Geschwüre und Schmerzen.
Tabernaemontanus (Tabernaemontanus, Kreuterbuch, II. Tl., S. 221.) führt die Pflanze als Trifolium fibrinum an, weiß aber über eine Heilwirkung nichts zu berichten.
Osiander (Osiander, Volksarzneymittel, S. 113, 226, 258, 300, 361.) nennt als Indikationen Arthritis urica, Febris, Skorbut, Skrofulose.
v. Haller (v. Haller, Med. Lexicon, S. 1293.) schreibt über ihn: "Der davon ausgepreßte Saft, oder das abgekochte dürre Kraut, solle wie von anderen solchen bittern Kräutern wider offenen Füße ein trefliches, reinigendes Mittel seyn, innerlich gehöret es unter die Kräuter wider den Scharbok, und löset zugleich auf der Brust treflich auf, dienet wider die Fieber, Hypochondrie, vor den Magen, und vor die Gedärme, wider allen Schleim und Säure ..."
Robinson (Zit. bei Stephenson and Churchill, Medical Botany, Bd. II, S. 85.) versichert, daß Schafe, die an Rückenmarksdarre erkrankt waren, durch Abgrasen von Wiesen mit viel Bitterklee rasch geheilt worden seien.
Auch Hufeland (Hufeland, Journal, Bd. 1, S. 269, Bd. 27, IV., S. 36.) verordnete den Bitterklee und veröffentlichte einen Bericht über dessen Heilkraft von Heller-Lenzen bei Febris intermittens.
Kneipp (Kneipp, Das große Kneippbuch, S. 908, München 1935.) wandte ihn sehr häufig bei Magenschwäche, Flatulenz und Leberleiden an und schätzte ihn besonders als Blutreinigungsmittel.
Leclerc (Leclerc, Précis de Phytothérapie, S. 135.) schätzt ihn als eins der besten Mittel bei nervöser Dyspepsie. In einer Reihe von Skorbutfällen beobachtete er durch Verordnung von Bitterklee Verminderung der Entzündung und Schmerzen sowie Zunahme der roten Blutkörperchen.
Über die Verwendung in der russischen Volksmedizin schreibt v. Henrici (A. v. Henrici, in Histor. Studien des pharm. Inst. d. Univ. Dorpat, herausgegeben v. Kobert. 1894, Bd. 4, S. 41.):
"Schon Pallas (Reise durch verschiedene Provinzen des russischen Reichs. St. Petersburg 1773-1776, Bd. 1, S. 72) erwähnt den Fieberklee, indem er sagt, daß er von den Mokschanern zu Umschlägen bei Entzündungen und "innerlich in Tränken bei Wassergeschwülsten" gebraucht wird. - Im Gouvernement Perm ist der Fieberklee ein Mittel gegen Brust- und Bauchkrankheiten; gegen "Schwäche im Magen" kaut man dort die rohe Wurzel der Pflanze und verschluckt den Speichel (Wirtschaftliche Beschreibung des Gouvernements Perm, herausgegeben von Popow 1813, Teil II, S. 51 und 53). - Nach Wischnewsky (Drug sdrawija 1837, Nr. 27, S. 204) ist die zu besprechende Pflanze ein Volksmittel gegen Fieber, indem man einen wäßrigen oder spirituösen Aufguß davon trinkt. - Auch bei Deriker (Zusammenstellung von Volksheilmitteln, die von Zauberern in Rußland gebraucht werden. St. Petersburg 1866, S. 111) finden wir ihren Gebrauch gegen Fieber (im Bezirke Nertschinsk und in den Gouvernements Jaroslaw und Woronesh) erwähnt; in Polen wendet man den Fieberklee gegen Wassersucht nach dem Fieber an. - Auch im Gouvernement Perm ist die Menyanthes trifoliata ein Antipyretikum des Volkes (P. Krylow, über die als Volksheilmittel gebräuchlichen Pflanzen im Gouvernement Perm. Arbeiten der Naturforscher-Gesellschaft bei der Kaiserl. Univ. Kasan. Bd. V, Lief. II, Kasan 1876). - Sljunin (Materialien zum Studium der russischen Volksmedicin. Lief. 1, St. Petersburg 1882, S. 35) gedenkt des Gebrauchs unserer Pflanze als einer Abkochung gegen Fieber in Astrachan, woselbst sie auch zur Erzeugung des Abortes Verwendung findet. Nach Romanowsky (Wratsch, Medicin. Zeitschrift, herausgegeben von Prof. Manassëin, Jg. 1885, Nr. 23) trinkt man ein Dekokt oder einen Branntweinaufguß des Fieberklees gegen Cholera und verschiedene sporadische Magen- und Darmkrankheiten. - Außerdem wird Menyanthes trifoliata gegen Schwindsucht (im Gouvernement Kostroma), Durchfall, Husten, Bruch, Zahnschmerzen usw. gebraucht (N. Annenkow, Botanisches Lexicon, St. Petersburg 1878, S. 216)."
Menyanthes zählt zu den Amara, wirkt also über den Sympathikus auf den Stoffwechsel ein (Weger, C. r. Soc. Biol. Paris 1930, Bd. 104, S. 725.), sein Glykosid erregt den Uterus (die Bitterstoffdrogen werden in der Volksmedizin seit langem bei Menstruationsstörungen und als Abortiva benützt) (Junkmann, Naunyn-Schmiedebergs Arch. 1929, Bd. 143, S. 368.). Über die Wirkung auf den Verdauungskanal vgl. bei Gentiana lutea. Durch orale Gaben von Menyanthes wird die Wirkung subkutaner Adrenalininjektionen auf den Blutzucker gesteigert (Vgl. 10), S. 729.).
Selbstversuche von Schulz (Schulz, Wirkg. u. Anwendg. d. dtsch. Arzneipfl., S. 141.) - nach dem Menyanthes im Rufe eines guten Diaphoretikums steht - führten zum Auftreten unangenehmer Kopfschmerzen, besonders in der Gegend des 1. Quintusastes.
Nach C. B. Inverni (C. B. Inverni, Piante medicinale, Bologna 1933.) können große Dosen Erbrechen und Durchfall verursachen. Neben der amaro-tonischen Eigenschaft spricht er Menyanthes trifoliata auch emmenagoge und wurmtreibende Wirkungen zu.
Freise (Freise, ärztl. Rundsch. 1935, Nr. 20, S. 306.) erzielte in Brasilien durch Zusetzen des Fluidextraktes von Menyanthes trifoliata zu Bier und Branntwein gute Erfolge in der Entwöhnung vom Alkoholgenuß.
Als Mittel gegen Malaria nach Chininmißbrauch, "wenn Kälte der Finger, Füße, Nase und Ohren und Wärme des übrigen Körpers vorhanden sind", wird der Bitterklee in der Homöopathie gebraucht. Weitere Indikationen sind hier Neuralgien und Schmerzen, besonders am Kopf (Schmidt, E., Lehrb. d. hom. Arzneimittell., S. 207.).
Bezüglich des Saponingehaltes wurde in der homöopathischen Tinktur ein hämolytischer Index von 1 : 40 festgestellt (Nach eigenen Untersuchungen; vgl. auch Kuhn u. Schäfer, Pharm. Ztg. 1935, Bd. 80, S. 257.).
Nach neueren Untersuchungen (Kroeber, Das neuzeitl. Kräuterbuch, 1934, S. 80.) konnten als Inhaltsstoffe u. a. festgestellt werden die beiden intensiv bitteren Glykoside Meliatin und Menyanthin, ersteres nur im Rhizom. Ferner Palmitin-, Ameisen-, Essig- und Butter- säureester des Cerylalkohols und ein Phytosterin, fettes Öl, Cholin, Phosphorsäure, Harzsäure, Gerbstoffe. Meliatin und Menyanthin erreichen in der lebenden Pflanze ihr Optimum im Mai, der damit die günstigste Sammelzeit darstellt.
Verwendung in der Volksmedizin außerhalb des Deutschen Reiches (nach persönlichen Mitteilungen):
Dänemark: Als blutreinigendes und magenstärkendes Mittel, bei Gicht.
Litauen: Bei Fieber, Verdauungsstörungen, Appetitlosigkeit und Hämorrhoiden
Norwegen: Als Aufguß oder Abkochung bei Gicht, Nervosität, Skorbut, Erkältungen, Brustkrankheiten, Gelbsucht, Wassersucht, Amenorrhöe und Anämie; äußerlich auf Wunden (I. R.-K.).
Polen: Als Amarum bei Appetitlosigkeit und bei Malaria.
Anwendung in der Praxis auf Grund der Literatur und einer Rundfrage:
Menyanthes trifoliata wirkt anregend auf den Stoffwechsel und wird in erster Linie als Stomachikum verordnet. So gibt man den Bitterklee bei Magenschwäche, Dyspepsie, Flatulenz, Appetitlosigkeit, Gastritis, Magenverschleimung, Hyperazidität, Sodbrennen, Magenerkältung, gastrischem Fieber und Magen- und Darmkrämpfen mit Stuhlverstopfung. Auch bei Arthritis, Gallenstauungen, Ikterus, Hypochondrie, Unterleibsstauungen und Seekrankheit (hier 10-15 Tropfen der Tinktur auf Zucker) wird er gelobt.
Schematische Darstellung der Häufigkeit der Anwendung von:
** missing image **Sehr beliebt ist die Verordnung als Fiebermittel, insbesondere gegen Intermittens, aber auch gegen Nervenfieber und Erkältungen, ferner bei heftigen Kopfschmerzen, die vom Nacken in die Stirn ziehen, und neuralgischen Affektionen, vorwiegend Trigeminusneuralgie.
Weitere, weniger bekannte Indikationen sind: Muskelkrämpfe, allgemeine Erschöpfungszustände, Lungenleiden, Tussis sicca, Kältegefühl in den Finger- und Zehenspitzen, und nach Busch Tabes dorsalis.
Einheitliche Wechselmittel werden nicht genannt.
Angewandter Pflanzenteil:
Kraut bzw. Blätter sind die Pflanzenteile, die vom Fieberklee allgemein als verwendet angegeben werden (Bock, Geiger, Bohn, Schulz, Mertes, Schimpfky, Geßner, Thoms, Zörnig). Doch geben einige Autoren auch die ganze blühende Pflanze an, so Kroeber, Heinigke, Schmidt, Hager. v. Haller erwähnt neben den Blättern auch die Wurzel und gibt als Erntezeit die beginnende Blütezeit an. Dementsprechend läßt das HAB. die frische, zu Beginn der Blüte gesammelte ganze Pflanze zur Herstellung der Urtinktur verwenden (§ 1). Schulz führt an, daß nach Angaben der Hahnemannschen Schule die im Herbst gesammelten Blätter wirksamer sein sollen als die im Frühjahr gesammelten. In Anlehnung an die neueren Feststellungen, daß bestimmte Inhaltsstoffe im Mai ihr Optimum haben (vgl. S. 1889), wird das "Teep" aus den in diesem Monat gesammelten Pflanzen hergestellt.
Sammelzeit: August.
Folia Trifolii fibrini (richtiger febrini) sind offizinell in Deutschland, Österreich, Schweiz, Holland, Ungarn, Rußland, Finnland, Norwegen, Schweden, Dänemark, Jugoslawien, Rumänien, Portugal und Spanien.
Dosierung:
- Übliche Dosis:
In der Homöopathie:
Maximaldosis:
Verträglichkeitsprüfung am Gesunden:
12 Prüflinge nahmen auf meine Veranlassung Menyanthes "Teep" D 1 und 0. Es zeigte sich, daß nach der Einnahme von "Teep" D 1 (3 Tabletten) kaum Erscheinungen auftraten. Bei "Teep" 0 wurden nach der Einnahme von 1 Kapsel nach einer halben Stunde eigentümliche Sensationen, besonders im Sinne von Kälte- und Hitzegefühl beobachtet, und zwar wurde mehr über Kälte geklagt, die sich entweder nur in den Händen und Füßen oder auch im ganzen Körper einstellte. "Teep" 0 ist im Geschmack sehr bitter.
Rezepte:
Bei Magenschwäche und Bleichsucht:
- Rp.:
1 Teelöffel voll wiegt 1,5 g. Der Tee kann auf Grund der vorliegenden Ergebnisse kalt oder auch heiß angesetzt werden. Man kann nur ½. höchstens 1 Teelöffel voll auf 1 Teeglas verwenden.).
Species amarae (Dan.):
- Rp.:
Als Fiebermittel (nach Kroeber):
- Rp.:
Bei Hyperazidität und Sodbrennen (nach Wittlich):
- Rp.:
Als Stomachikum (nach Klemperer-Rost):
- Rp.:
Lehrbuch der Biologischen Heilmittel, 1938, was written by Dr. Med. Gerhard Madaus.