Strophanthus. Apocynaceae.
Name: Strophánthus grátus (Wallich et Hooker) Franchet. Deutsch, französisch, englisch: Strophanthus.
Namensursprung: Strophanthus ist aus dem griechischen στρ_φος (stróphos) = gedrehtes Seil oder Band und _νθος (ánthos) = Blume auf Grund der zusammengedrehten, bandartigen Kronenzipfel gebildet; gratus = dankbar, angenehm.
Botanisches: Die Gattung Strophanthus ist im tropischen Asien und Afrika einheimisch. Es sind milschsaftführende Schlingsträucher mit gekreuzt-gegenständigen Blättern. Die Blüten stehen in wenigblütigen Trugdolden oder in reichblütigen Rispen. Der tief fünfteilige Kelch ist innen am Grunde mit Drüsen besetzt, seine Zipfel sind elliptisch oder lanzettlich. Die Krone ist trichterförmig und am Rande mit zehn Schuppen besetzt. Die Zipfel des Saumes sind in eine lange, bandartige Spitze ausgezogen. Fünf Nektarschüppchen umgeben den Fruchtknoten. Die Staubblätter sind an der Verengerung der Kronenröhre befestigt. Die Frucht ist eine schlanke, vielsamige Balgkapsel, die bei der Reife aufspreizt. Die Samen stecken zu etwa 100-200 in einer Kapsel, sie tragen unten einen später abfallenden Haarschopf und oben eine lange, abstehend behaarte Granne. - Strophanthus gratus ist eine Liane mit gestielten, elliptischen oder eiförmigen Blättern. Die Blüten sind weißlich bis rosa mit kurzen rundlichen Kronenzipfeln. Früchte 20-35 cm lang, bis 4 cm dick.Geschichtliches und Allgemeines:
Die Strophanthussamen sind von den Eingeborenen Afrikas schon lange im Kampfe und auf der Jagd als stark wirkendes Pfeilgift verwendet worden, während sie aber medizinisch in keiner Weise verwertet wurden. Die ersten Nachrichten von der Droge gelangten durch Livingstone in der Mitte des 19. Jahrhunderts nach Europa. Sein Begleiter Kirk lenkte bereits die Aufmerksamkeit der Ärzte auf die Wirkung des Giftes für das Herz. 1870 untersuchte Fraser aus Edinburgh das Pfeilgift, das er als Kombi, später Kombé bezeichnete, ein Name, der hauptsächlich in Ostafrika gebräuchlich ist.
Wirkung
Wie schon im geschichtlichen Teil erwähnt, wurden die in Afrika als Pfeilgift benutzten Strophanthussamen um die Mitte des 19. Jahrhunderts in Europa bekannt. Fagge und Stevenson (Fagge u. Stevenson, zit. bei Fraenkel, Strophanthintherapie. Zugleich ein Beispiel quantitativer Digitalisanwendung nach pharmakologischen Grundsätzen. Berlin 1933.) machten zuerst auf die Herzwirkung des Pfeilgiftes aufmerksam, die sie mit derjenigen von Digitalis, Antiaris, Helleborus und Scilla verglichen.
Erforschung der Wirkstoffe:
Einige Jahre später gelang es dem schottischen Pharmakologen Fraser (Fraser, über das Kombé-Pfeilgift, London 1872; ders., Strophanthus hispidus, seine natürliche Geschichte, Chemie und Pharmakologie, I. u. II. Trans. Edn. roy. Soc., 35, 955-1029, 1887; 36. 343-358, 1889.), aus dem Samen von Strophanthus Kombé ein amorphes, in Wasser lösliches, sehr giftiges Glykosid zu isolieren. Schmiedeberg (Schmiedeberg, zit. bei Weese, Digitalis, S. 59, Leipzig 1936.) reihte 1883 dieses Glykosid, Strophanthin, in die Gruppe der digitalisartigen Stoffe ein. Heute werden die Strophanthine mit anderen digitalisartigen am Herzen wirkenden, aber wenig kumulierenden Glykosiden zu der Gruppe der "Digitalisglykoside 2. Ordnung" oder "Digitaloide" gerechnet (Straub, Biochem. Z. 1916, Nr. 75, S. 132; Weese, Digitalis, Leipzig 1936.). Nach Fraser beschäftigten sich eine ganze Reihe von Forschern mit der Chemie der Strophanthussamen. Die Darstellung von Reinglykosiden gelang aus den Samen von drei Strophanthusarten: nämlich Strophanthus Kombé, Strophanthus hispidus und Strophanthus gratus. Thoms (E. Gilg, H. Thoms u. H. Schedel, Die Strophanthusfrage. Monographie. Berlin 1904.) isolierte aus Strophanthus gratus das kristallinische g-Strophanthin. Dieses ist nach Straub (Straub, in Heffter-Heubner, Handb. d. exp. Pharm., Bd. II, 2, S. 1355.) identisch mit dem aus dem Ouabaioholz isoliertem Glykosid Ouabain. Die von Heffter und Sachs (Heffter u. Sachs, Biochem. Ztschr., 40, 83, 1912.) aus Strophanthus hispidus und Kombé gewonnenen amorphen h- und k-Strophanthine sind sehr nahe verwandt. In bezug auf die Wirkungsqualität sind alle aus den genannten drei Strophanthusarten gewonnenen Strophanthine gleich, während sich hinsichtlich der Wirkungsquantität Unterschiede ergeben haben (Straub, vgl. 6).). Das g-Strophanthinum crystallisatum gilt als doppelt so wirksam wie das k-Strophanthinum amorphum (Klemperer-Rost). Am isolierten Temporarienherzen konnte Fasching (Fasching, Dissertat., Leipzig 1930.) allerdings entgegen früheren Angaben keine größeren quantitativen Unterschiede zwischen amorphem k- und kristallisiertem g-Strophanthin feststellen. Über die Konstitutionsformel des Strophanthidins, des Genins des Strophanthins vgl. Digitalis purpurea S. 1194. Strophanthus gratus enthält angeblich 3,7-7,7% Strophanthin.
Außer den herzwirksamen Strophanthinen enthalten alle drei angeführten Arten von Strophanthussamen 0,17-0,27% Saponin, Strophanthinsäure genannt, Cholin und Trigonellin, bis 35% fettes Öl, Lipasen, Esterasen, Reduktasen und Glutanine (Weese, Digitalis, S. 59, Leipzig 1936.).
Tschirch (Tschirch, Handb. d. Pharmakogn., 1923, II, S. 1557.) gibt außerdem noch Harz, Schleim, Eiweiß, etwas Stärke, aber keine Gerbstoffe an.
Ausführliche Darstellungen über die Chemie der Strophanthine bringen Weese (Vgl. 10.) und Lendle (Lendle, in Heffter-Heubners Handb. d. exp. Pharm., Ergbd. 1, S. 22.).
Über die Nachweis- und Wertbestimmungsmethoden vgl. das Kapitel Digitalis purpurea.
Pharmakologisches:
Wie schon oben gesagt, gehören die Strophanthine zu den Digitaloiden, wirken also digitalisähnlich. Die Zahl der Pulsationen wird durch sie verringert, die Diastole wird größer und länger, und die Systole kräftiger; die Gefäße im Splanchnikusgebiet werden kontrahiert, die des Gehirns und der Nieren dilatiert. Kleine Strophanthingaben erregen, große lähmen die Kontraktilität der quergestreiften Muskulatur, insbesondere des Myokards (Marfori-Bachem, Lehrb. d. klin. Pharm., S. 496.).
Nach Fraenkels (Fraenkel, vgl. 1.) eingehenden Darstellungen über die Pharmakognosie, Chemie und Pharmakologie des Strophanthins, sowie über die identische Wirkungsweise der Digitalis und des Strophanthins existieren keine grundsätzlichen Abweichungen der Herzwirkung des Strophanthins gegenüber der Digitalis. Auch in den älteren Veröffentlichungen über die vergleichende Wirkung des Strophanthins und der Digitalis wurde schon darauf hingewiesen, daß es sich bei den Abweichungen nur um quantitative und zeitlich bedingte Wirkungsunterschiede handelt.
Als prägnanteste Eigenschaften des Strophanthins gegenüber der Digitalis werden in den neuesten Veröffentlichungen immer wieder genannt: 1. Die schnelle Wirkung des Strophanthins (intravenös appliziert); 2. die geringere Haftfähigkeit (schon nach 6 Stunden ist der größte Teil der Strophanthusglykoside aus dem Herzmuskel wieder verschwunden (N. Jagič u. O. Zimmermann, Münchn. med. Wschr. 1936, Nr. 40.), wodurch die Gefahr einer kumulativen Wirkung bei den Strophanthusglykosiden sehr gering ist im Gegensatz zu der der Digitaliskumulation. Im Hinblick auf die letztere ist nach Siebeck (Siebeck, Münchn. med. Wschr., 1, 17, 1935.) Voraussetzung für jede intravenöse Strophanthininjektion, daß mindestens zwei bis drei Tage vorher keinerlei Stoffe von digitalisartiger Wirkung genommen werden; 3. die vorwiegend systolische Wirkung des Strophanthins gegenüber der klassischen Digitaliswirkung am kranken menschlichen Herzen, die vor allem eine Wirkung auf die Diastole ist.
Rühl (Rühl, Verh. dtsch. Ges. inn. Med. 1933, S. 203.) zeigte, daß unter Strophanthinwirkung der Sauerstoffverbrauch des Herzens steigt. Zu diesem Punkt sei vor allem auf das Kapitel Energetik und Stoffwechsel im Digitalisbuch von Weese hingewiesen.
Sehr wichtig erscheinen mir Hinweise auf die Wirkung am kranken Organismus.
Eingehende Versuche über die Strophanthinwirkung im Fieber in der Medizinischen Klinik Bonn schildern P. Martini und Fr. Große-Brockhoff (Martini u. Große-Brockhoff, Naunyn-Schmiedebergs Arch. f. exp. Path. u. Pharm. 1936, Bd. 180, S. 612.). Ich zitiere wörtlich aus dem Bericht: "Unsere Untersuchungsergebnisse bringen nicht nur keine Beweise für eine höhere Verträglichkeit = Unempfindlichkeit des fiebernden Tieres gegenüber Strophanthin, sie bringen vielmehr Material, das dafür spricht, daß der fiebernde Kreislauf empfindlicher gegen Strophanthin ist als der normale. Neben der geringeren Dosis letalis bei den Fiebertieren kann die im Gegensatz zu den Normaltieren fast immer frühzeitig einsetzende Erniedrigung der Schlagfrequenz nur als Ausdruck der größeren Empfindlichkeit der Fiebertiere aufgefaßt werden. Trotz dieser größeren Ansprechbarkeit auf Strophanthin ist der therapeutische Effekt auf die Förderleistung des Herzens beim Fiebertier auch bei diesen kleinen Dosen (die dem therapeutischen Maß noch entsprechen) eher geringer als bei den Normaltieren. Geht man aber in der Erwartung, daß die Fieberherzen mehr Strophanthin benötigen, zu größeren Dosen über, so sieht man, daß der Kreislauf der Fiebertiere davon keinerlei Vorteil hat, sondern im Gegenteil viel früher noch ungünstige Reaktionen zeigt als die Normaltiere."
Ähnlich wie Digitalis setzt auch Strophanthin die zirkulierende Blutmenge herab. Mies (Mies, Z. Kreislaufforschg., 23, 460, 1931.) fand nach Injektionen von 0,1-0,5 mg Strophanthin an Personen mit dekompensierten Herzfehlern eine Abnahme in deutlicher Abhängigkeit von der Dosierung, und zwar 350-800 ccm Blut. Das Blut wird nach seinen Kontrollversuchen bei Kaninchen hauptsächlich in Leber und Milz abgeschoben.
Busacca (Busacca, Arch. farmacol. sper. 1930, Bd. 49, S. 143.) beobachtete hämolytische Wirkung des Strophanthins.
Toxikologisches:
Die kleinsten tödlichen Gaben je kg Katze sind nach Ordynski (Ordynski, Chem. pharmaz. Ind. (russ.: Chimisko-pharmazewtitscheskaja Promyschlenost) 1934, 6, S. 29-34 (C. Z. 1935.) 0,09902 mg g-Strophanthin und 0,1606 mg k-Strophanthin. Kinukawa (Kinukawa, Tohoku J. exp. Med., 22, S. 314-325 (C. Z. 1934.) gibt als erste Todesursache bei Ratten und weißen Mäusen nach letalen Dosen von Strophanthin Atemstillstand an.
Bei der intravenösen Injektion von Strophanthin wurden öfters Fröste, Zyanose und Temperatursteigerung beobachtet, bei der innerlichen Anwendung Durchfall mit Blut und Schleim, übelkeit, Beklemmungsgefühl, Kopfschmerzen und ziehende Schmerzen in der Nackengegend, Bewußtlosigkeit, Konvulsion, Halluzinationen, Analgesie, Myosis, Cheyne-Stokes Atmungsphänomen (Seifert, Nebenwirkungen moderner Arzneimittel, S. 131, Würzburg 1915.).
Kottmann und Hedinger (Kottmann, Korrbl. f. Schweiz. Ärzte, 1907; Hedinger, Münchn. med. Wschr. 1907, Nr. 41.) berichten über je einen Todesfall nach Injektion von 0,6 mg Strophanthin.
Nach Feststellungen bei einem Giftmord durch Strophanthin dürfte als tödliche Strophanthindosis, falls das Strophanthin in den Mastdarm gebracht wird, für einen Menschen von 50 kg Gewicht 30-40 mg in Betracht kommen, was etwa der halben Menge der peroralen tödlichen Dosis entspricht (Fühner, Sammlg. v. Vergiftungsfällen, Bd. 1, Lfg. 1, Jan. 1930.).
Mischung mit Traubenzucker setzt die tödliche Dosis des Strophantins herab, ebenso Kombination mit kleinen Coffeinmengen (Liebmann, Schweiz. med. Wschr. 1934, Nr. 41.).
Klinische Indikationen:
Ein Allgemeingut der ärztlichen Wissenschaft wurde Strophanthin erst, als Fraenkel vor etwa 30 Jahren auf die Erfolge der intravenösen Strophanthintherapie hinwies. In seinen ersten Berichten (Dtsch. Ges. inn. Med., Wiesbaden 1906; Münchn. med. Wschr. 1912.) empfahl er die intravenöse Strophanthintherapie zunächst bei Fällen von akuter Herzschwäche, die schnellste Hilfe verlangten, bei denjenigen Formen von schwerer Insuffizienz, bei denen Digitalis nicht mehr half und bei solchen Herzkranken, bei denen durch Stauungen im Magen- und Darmtraktus und in der Leber die Resorption der enteral gegebenen Digitalis zu stark vermindert wird.
Die Erfahrungen der nächsten Jahrzehnte ließen Fraenkel zu der Ueberzeugung kommen, daß durch die größere Sicherheit der Wirkung, die geringere Haftfähigkeit im Herzmuskel und die exaktere Dosierbarkeit die intravenöse Strophanthintherapie als die übergeordnete, die enterale Digitalistherapie nur als die ergänzende Methode der Behandlung des Herzmuskels zu betrachten ist (Fraenkel, vgl. 1).).
Von großer Bedeutung für die Entwicklung der Strophanthustherapie ist auch die schon erwähnte, spezifische systolische Wirkung geworden. Edens (Edens, Med. Klin. 1907.) erkannte die überwiegend systolische Wirkung des Strophanthins schon im Jahre 1907 und empfahl es auf Grund dieser Eigenschaft bei schwerster Herzdilatation, wenn durch eine weitere Vertiefung der Diastole eine bessere Herzarbeit nicht erwartet werden kann. Nach Edens (Edens, Die Krankheiten des Herzens und der Gefäße, Berlin 1928; ders., Die Digitalisbehandlung, 1934.) ist Strophanthin daher angezeigt bei reiner Mitralstenose, Aorteninsuffizienz, Aortenstenose, Leitungsstörungen und Vorhofflimmern mit langsamer Pulszahl.
Weiter erkannte Edens (Vgl. 31).), daß das Strophanthin im Gegensatz zu Digitalis auch eine leistungssteigernde Wirkung auf das Herz besitzt, wenn nur Insuffizienz ohne Hypertrophie vorliegt. Edens emppfiehlt daher die Strophanthintherapie bei akuter Überanstrengung eines gesunden Herzens, einschließlich des Herzversagens nach einem operativen Eingriff, Herzschwäche bei Myokarditis oder im Verlauf von Infektionskrankheiten einschließlich der Heilfieberbehandlung, Herzschwäche bei Adipositas und vor allem bei Koronarsklerose. In allen diesen Fällen versagt Digitalis.
Besonders nachdrücklich setzte sich Edens (Edens, 43. Kongr. f. inn. Med.-, Wiesbaden 1931; ders., Münchn. med. Wschr., 47, 1874, 1932, u. 1934, S. 1424.) für die Behandlung der Angina pectoris mit Zeichen einer, wenn auch geringen Leistungsschwäche durch Strophanthin ein. Bei einer großen Anzahl von Fällen beobachtete er, daß durch Strophanthininjektionen (durchschnittliche Gabe 0,3 mg) nicht nur die Beschwerden des Kranken, sondern auch die Kreislaufschwäche gebessert wurden. Er vermutet, daß das Strophanthin durch die Besserung der Kranzgefäßdurchblutung der Ausdehnung des Herzinfarkts und der Entstehung von Kammerextrasystolen entgegenwirkt und so dem Herzen hilft, die kritische Zeit zu überwinden.
Zimmermann (H. Zimmermann, Münchn. med. Wschr., 8, 286, 1935.) ist der Ansicht, daß "die Einführung des Strophanthins in die Behandlung der Angina pectoris ohne Frage eine Wendung in der Klinik dieser gefürchteten Krankheit bedeutet". Er behandelte in den letzten Jahren 66 an Angina pectoris leidende Kranke mit Strophanthin, bei 14 von diesen Kranken lag ein frischer oder älterer Herzinfarkt vor. Es wurde durchweg das k-Strophanthin Böhringer angewandt. Die Höhe der Einzelgaben bewegte sich zwischen 0,2 und 0,4 mg (intravenös), meist wurde drei Tage hintereinander 0,3 mg gegeben und am 4. Tage eine Pause eingeschaltet. Auch in Fällen von schwerem, frischem Infarkt konnte die Strophanthinbehandlung lebensrettend wirken.
Im Hinblick auf die von Edens in die Strophanthintherapie aufgenommenen Indikationen, die auf Digitalis nicht ansprechen, ist es nach H. Zimmermann (H. Zimmermann, Klin. Wschr., 33, 1153, 1936.) nicht mehr richtig, wie früher üblich zu sagen, daß der Wert des Strophanthins nur darin liegt, daß es noch wirksam ist, wo Digitalis versagt, sondern dazu müßte jetzt noch ergänzend bemerkt werden, daß Strophanthin auch bei bestimmten Formen von Herzschwäche wirkt, die noch nicht auf Digitalis ansprechen oder überhaupt nicht die Voraussetzung für eine Digitaliswirkung mitbringen.
Jagič; und O. Zimmermann (Vgl. 16.) teilen den Standpunkt Edens in bezug auf die Behandlung des frischen Herzinfarkts mit Strophanthus nicht. Solange ein frischer Myokardinfarkt deutliche Dekompensationserscheinungen vermissen läßt, ziehen sie nicht die Strophanthustherapie heran, sondern erst dann, wenn sich eine Dekompensationserscheinung einstellt. Sie wenden das Strophanthin wegen seiner fast augenblicklichen Wirkung auf den Herzmuskel sehr häufig in der Behandlung akuter schwerer Dekompensationszustände an, und zwar bei akut auftretenden Fällen von Asthma cardiale oder eines kardialen Lungenödems. Ferner halten sie Strophanthin indiziert bei akuter kardialer Dekompensation im Verlauf einer Infektionskrankheit, bei paroxysmaler Tachykardie oder hochgradigen Flimmerarhythmien und akuter Dilatation des Herzens infolge beträchtlicher Überanstrengung. Besonders befürworten sie die Anwendung probatorischer Strophanthininjektionen, die bei merklicher Besserung oft unbestimmter körperlicher oder psychischer Beschwerden den Rückschluß auf das Vorhandensein geringer latenter kardialer Insuffizienzerscheinungen gestattet. Auch die bradykardischen Dekompensationen, bei denen Digitalis versagt, sind nach ihnen für die Strophanthinbehandlung geeignet. Bei schwerer mechanischer Behinderung des Kreislaufes sind nach Jagič; und O. Zimmermann auch der Strophanthinwirkung selbstverständlich nur enge Grenzen gezogen (bei hochgradiger Mitralstenose, schwerer Concretio pericardii, Kyphoskolioseherzen, Emphysemherz). Wenn Rechtsinsuffizienz dauernd und primär im Vordergrunde steht, so halten sie die Strophanthintherapie für wirkungslos, dagegen eher angezeigt bei Fällen, wo Linksinsuffizienz das Krankheitsbild beherrscht (Aortenfehler, dekompensierter Hochdruck).
Bei der Entwässerung, die bei der Behandlung insuffizienter Herzkranker so wichtig ist, hat es sich nach Siebeck (Siebeck, Münchn. med. Wschr. 1935, Nr. 1, S. 17.) ausgezeichnet bewährt, zugleich Strophanthin (0,25-0,3 mg) und ein Quecksilberpräparat intravenös zu injizieren; man erziele damit ohne Gefahr die besten Diuresen.
Anwendung:
Infolge seiner bedeutend schneller als bei Digitalis einsetzenden Wirkung ist Strophanthus ein häufig gebrauchtes Mittel in Fällen, wo schnelle Hilfe nötig ist, wie bei schweren Stauungszuständen infolge Herzinsuffizienz, insbesondere bei akut auftretenden Anfällen von Asthma cardiale, Lungenödem, Insuffizienz mit schwerer Leberstauung, bei akuter kardialer Dekompensation im Verlaufe einer Infektionskrankheit, akuter Dilatation des Herzens infolge Überanstrengung und Angina pectoris; ferner wird es bei Herzschwäche ohne Pulsbeschleunigung und bei Herzschwäche ohne Hypertrophie angewandt.
Da bei der oralen und rektalen Darreichung der äußerst wechselnde und vorher nicht genau zu bestimmende Resorptionsverlust eine einheitliche Dosierung erschwert, wird die intravenöse Medikation allgemein vorgezogen. Die subkutane Darreichung ist wegen der schweren lokalen Reizerscheinungen unmöglich. Im Gegensatz zu den vielen Veröffentlichungen, die nur Berichte über die Erfolge der Strophanthintherapie und die Ungefährlichkeit ihrer Anwendung bei richtiger Dosierung bringen, steht allerdings die schon zitierte Arbeit von Martini und Große-Brockhoff, die am fiebernden Tier weder in großen noch in kleinen Dosen eine Förderung des Kreislaufes durch Strophanthin sahen.
Von der Homöopathie wird Strophanthus meist peroral (Urtinktur bis 2. Potenz) bei chronischen Herzleiden, Herzschwäche, Asthma cardiale mit schnellem, weichem, unregelmäßigem Puls, bei Nierenkrankheiten und Hydrops, kardial oder renal bedingt, verordnet. Nach Stauffer hat sich die Tinktur auch bei "nervösen Herzbeschwerden und allgemeiner Nervosität der Examenskandidaten oder bei Lampenfieber der Sängerinnen oder der Redner vor öffentlichem Auftreten bewährt."
Angewandter Pflanzenteil:
Alle Autoren geben von den Strophanthusarten die Samen als verwendet an (Wasicky, Köhler, Marfori-Bachem, Schmidt).
Auch die Angabe im HAB. besagt: von ihren Grannen befreite Samen. Diese Droge wird auch zur Bereitung des "Teep" benutzt.
Semen Strophanthi (grati) ist offizinell in Deutschland.
Semen Strophanthi (hispidi) ist offizinell in Frankreich, Italien, Spanien, Rumänien, Kroatien, in den Vereinigten Staaten von Nordamerika, Argentinien und Chile.
Semen Strophanthi (Kombé) ist offizinell in der Schweiz, in Österreich, Ungarn, Serbien, Griechenland, Rußland, Finnland, Schweden, Norwegen, Dänemark, England, Frankreich, Belgien, Holland, Italien, Spanien, in den Vereinigten Staaten von Amerika und in Japan.
Dosierung:
- Übliche Dosis:
In der Homöopathie:
Maximaldosis:
Rezeptpflichtig:
Rezepte:
Bei Asthma cardiale und Herzinsuffizienz mit Leberstauung (nach Trendelenburg):
- Rp.:
Oder (nach Trendelenburg):
- Rp.:
Bei Herzinsuffizienz (nach Klemperer-Rost):
- Rp.:
Bei Herzinsuffizienz, insbes. mit gastrischen Störungen (nach Klemperer-Rost):
- Rp.:
Lehrbuch der Biologischen Heilmittel, 1938, was written by Dr. Med. Gerhard Madaus.