Aethusa cynapium. Hundspetersilie. Umbelliferae.
Name: Aethúsa cynápium L. (= Coriandrum cynapium Crantz, = Cicuta cynapium Targ., = Selinum cynapium E. H. L. Krause, = Cicuta cynapium [sic!] Crantz, = Aethusa Petroselini folio Gilib., = Ae. cicuta Necker, = Ae. toxicaria Salisb., = Ae. tenifolia S. F. Gray, = Ae. cynica Dulac, = Ae. micrantha Opiz ex Nyman, Cynapium vulgare Bubani). Gemeine Hundspetersilie, Gleiße, Glanzpeterlein, Kleiner oder Gartenschierling, Faule Grete. Französisch: Ethuse, ciguë des chiens, ache des chiens, petite ciguë, faux persil, persaille, persil des fous; englisch: Fool's parsley, dog parsley, garden hemlock, lesser hemlock; italienisch: Cicuta aglina, prezzemolo selvatico, erba glina; dänisch: Vild Persille, Hundepersille; holländisch: Hondspetersilie, Tvinscheerling; polnisch: Blekot; russisch: Kokorysz; tschechisch: Tetlucha obecná, kozí physk, kozí petržel; ungarisch: Mérjesádaz.
Namensursprung: Der von Linné gebildete Pflanzenname Aethusa kommt vom griechischen αΐθω (aitho) = ich brenne, glänze, gleiße, wegen der glänzenden Laubblätter, Cynapium ist aus dem griechischen χ_ων, Gen. χνν_ς (kýon, kynós) = Hund und dem lateinischen apium = Eppich entstanden. Der Name wird zuerst von Tabernaemontanus gebraucht. Der Name Gleiße bezieht sich auch auf die glänzende Unterseite der Blätter.
Volkstümliche Bezeichnungen: Wilde Petersiljen (Oldenburg), Wildi Peterli (Schweiz), Wilde Gröentje (Ostfriesland), Hunn-Petersilie (Ostfriesland), Hunds-Peterli (Schweiz), Katzenpeterli (Basel), Krotte(n)peterle (Elsaß). Düllkruud = Tollkraut (Ostfriesland) heißen verschiedene Giftpflanzen.
Botanisches: Aus einer spindligen, weißen, ästigen Wurzel erhebt sich der 40-60 cm hohe Stengel. Er ist wie die ganze Pflanze kahl, ungefleckt, im oberen Teile ziemlich ästig. Die Blätter sind doppelt bis dreifach gefiedert und glänzend, die Blättchen fiederspaltig bis gesägt. Die Blätter riechen beim Zerreiben widerlich. Die Stengelblätter haben statt des Stieles eine offene, am Rande weißhäutige Scheide. Schon im ersten Jahre blüht die Pflanze. Die weißen Blüten bilden reichblütige Dolden. Als gutes Kennzeichen gilt das Hüllchen, das aus drei langen, zurückgeschlagenen, nach außen abstehenden Blättchen besteht. Die Hülle fehlt. Die Früchte sind kugelig-eiförmig (Abb. siehe bei Conium), bei der Reife weißlich. Jede Teilfrucht hat fünf stark erhabene Hauptrippen. Die Pflanze gilt als giftig und ist, wenn sie noch nicht blüht, von der ungefüllten Petersilie nicht leicht zu unterscheiden. In Gärten, auf Äckern, an Zäunen ist die Hundspetersilie gemein. Sie bevorzugt Ton- und Kalkboden. Blütezeit: Juni bis September. (Vgl. die farbigen Abb. bei Conium.)
Geschichtliches und Allgemeines:
Wurzel und Kraut der Aethusa cynapium waren früher als Radix et Herba Cynapi s. Cicutae minoris offizinell und wurden als beruhigendes und auflösendes Mittel gebraucht. Der Saft diente zu Kataplasmen und gegen Harngrieß. Durch die Ähnlichkeit der jungen Blätter der Hundspetersilie mit denen der Gartenpetersilie sind öfters Verwechslungen vorgekommen, die Anlaß zu Vergiftungen gegeben haben; ebenso sind Verwechslungen der Früchte mit denjenigen von Petroselinum und Conium maculatum leicht möglich. Nach Miller soll die Hundspetersilie besonders schädlich für Gänse sein, während sie vom meisten Vieh gefressen würde. Doch hat im Gegensatz zu dieser Behauptung die Pflanze in allen Experimenten mit Tieren giftige Wirkungen gezeigt.
Wirkung
Bei Lonicerus (Lonicerus, Kreuterbuch, 1564, S. 310 D.) wird die "wild Petersilgen" zwar angeführt, ihr aber keine besondere Wirkung zugeschrieben.
Matthiolus (Matthiolus, New-Kreuterbuch, 1626, S. 163.) bezeichnet sie als harn-, sand-, grieß-, stein- und schweißtreibend, emmenagog und empfängnisfördernd und läßt sie gegen Ikterus, Leber- und Milzverstopfung, innere Verschleimung, Febris quartana, Räude, Aussatz und Syphilis anwenden; außerdem "leutert wilde Petersilgen das Geblüt von der schwartzen / jordischen / melancholischen Feuchtung".
Später ist diese medizinische Anwendung völlig in Vergessenheit geraten, und auch die Volksmedizin benützt die Pflanze nicht mehr.
In der Homöopathie (Hughes-Donner, Einf. i. d. hom. Arzneimittell., S. 63; Dahlke, Ges. Arzneimittell., S. 21; Stauffer. Klin. hom. Arzneimittell., S. 88.) hat sich Aethusa gegen Cholera infantum, Kinderkrämpfe und Dentitionsbeschwerden bewährt.
Von Orfila (Orfila, Allgem. Toxikol. 1818, Bd. 3, S. 326.) mit Hundspetersilie angestellte Versuche an Hunden ergaben u. a. Auftreten von Schwäche der Extremitäten, Konvulsionen, spastischer Kontraktionen in Schlund und Oesophagus, Starrheit und Tod. Orfila beschreibt auch die Vergiftung eines Knaben, der Aethusa cynapium für Petersilie gegessen hatte und bei dem sich heftige Magenkrämpfe, Auftreibung des Leibes mit schwarzblauer Färbung und Erschwerung der Respiration einstellten; er starb acht Stunden nach der Vergiftung. Ein anderes Kind verlor nach dem Genuß von Aethusa das Bewußtsein und delirierte; durch Ausbrechen des Krautes konnte es aber gerettet werden. Nach Berge und Riecke (Berge u. Riecke, Giftpflanzenbuch, 1855, S. 270.) verursacht die Hundspetersilie Kopfschmerzen, Delirien, Tympanites und Atembeschwerden.
Kobert (Kobert, Lehrb. d. Intoxik., 1893, S. 632.) beobachtete bei Aethusa-Vergiftung Brechdurchfall, Salivation, Taumeln, Zuckungen, Lähmung der Glieder, Pupillenerweiterung, Reizung des Intestinaltraktus und Serumansammlung in Gehirn und Rückenmark.
Derartige Symptome fanden sich auch bei der Aethusavergiftung einer fünfköpfigen Familie infolge von Verwechslung mit Petersilie (Seltmann, i. Fühners Sammlg. v. Vergiftungsfällen, Bd. 2, Lfg. 8, 1931.).
Das Kraut der Hundspetersilie enthält etwa 0,015% ätherisches Öl mit Ameisensäure und ein Coniin-ähnliches toxisches Alkaloid (0,00023%) (Wehmer, Pflanzenstoffe, S. 883.).
Anwendung in der Praxis auf Grund der Literatur und einer Rundfrage:
Aethusa cynapium ist in kleinen homöopathischen Dosen das bevorzugte Mittel bei Cholera infantum, bei subakuten Fällen, die in Marasmus übergehen. Ebenso wird Aethusa in der Homöopathie verwendet bei Sommerdiarrhöen und Milcherbrechen der Kinder, bei Darmkatarrhen und bei Kinderkrämpfen, die mit gastrointestinalen Reizerscheinungen verbunden sind. So hatte Ensinger, Haltingen, ausgezeichnete Erfolge bei Pylorospasmen der Säuglinge und bei Brechdurchfall infolge verdorbener Milch, so daß er das Mittel als "geradezu unentbehrlich" bezeichnet. Er verordnet es in der D 3 im Wechsel mit Natr. carb. D 6.
Bei Erkrankungen des Nervensystems wird es mit wechselndem Erfolg verordnet, so bei nervöser Erschöpfung, Epilepsie, Gefäßneurose, bei Krämpfen und Gliedererstarrung, Gehirnlähmung und Schläfrigkeit. Gelegentlich wird es gegen rheumatische Schmerzen gelobt.
Bei Wassersucht, Harnbeschwerden und Nephropathien will Steuernthal durch Aethusa eine Steigerung der Diurese erzielt haben.
Angewandter Pflanzenteil:
Matthiolus verwendet hauptsächlich das Kraut, daneben auch den Samen. Geiger erwähnt nur das Kraut, ebenso Dragendorff.
Nach Hegi waren früher Wurzel und Kraut offizinell als Radix et Herba Cynapii s. Cicutae minoris.
Die homöopathische Urtinktur wird aus der frischen blühenden Pflanze ohne Wurzel bereitet (§ 3). Ebenso wird auch das "Teep" hergestellt.
Sammelzeit: Juni bis September.
Dosierung:
Übliche Dosis in der Homöopathie:
Maximaldosis:
Lehrbuch der Biologischen Heilmittel, 1938, was written by Dr. Med. Gerhard Madaus.