Berberis vulgaris. Sauerdorn. Berberidaceae.

Botanical name: 

Bild: Berberis Vulgaris Bild: Berberis Vulgaris 1 Karte: Berberis Vulgaris

Also see: Berberis aquifolium. Mahonie. - Berberis vulgaris. Sauerdorn.

Name: Bérberis vulgáris L. Sauerdorn, Berberitze. Französisch: Vinettier, épine-vinette; englisch: Barberry, pipperidge-tree; italienisch: Crespino, berberi; dänisch: Berberisse; litauisch: Raugerškis; polnisch: Berberys, Kwaśnica; russisch: Barbaris; schwedisch: Surtorn; tschechisch: Dříštál obecný; ungarisch: Sóskaborbolya.

Verbreitungsgebiet: In Deutschland zerstreut. Oft ausgerottet wegen des Getreiderostes.

Namensursprung: Berberis scheint aus dem Arabischen zu stammen, denn Berberys ist der arabische Name der Frucht und bedeutet Muschel. Es wird vielfach angenommen, daß dieses die richtige Ableitung ist, da die Blätter wie eine Muschel ausgehöhlt sind. Der deutsche Name Sauerdorn nimmt Bezug auf die dornigen Zweige und den sauren Geschmack der Blätter.

Volkstümliche Bezeichnungen: Sauerachdorn, Dreidorn (Rheinlande), Spießdorn (Züricher Oberland), Nagldearnoch (Krain: Gottschee). Die meisten Namen nehmen Bezug auf den sauren Geschmack der Früchte (und Blätter) sowie auf deren spitzige (zapfen-, zitzen-, flaschen-förmige) Gestalt: Saurach (hauptsächlich Büchername), Surbeeri, -blatt, -blettli, -laub (Schweiz, Elsaß), Essigflaschl (Westböhmen), Essigscharl (Niederösterreich), Essigbearl, -birl (bayerisch-österreichisch), Weinscharl, -scharling (österreich), Wai(n)schala (Böhmerwald), Weinzäpferchen (Schmalkalden), Beißl-, Boaßlbeer, wegen des sauren, beißenden Geschmacks (bayerisch-österreichisch), Spitzbeeri, Rispitzbeeri (Schweiz), Fäßlistruch, -chrut (Schweiz: Thurgau), Zizerl (österreich), Bube(n)schenkel (Württemberg: Biberach). Die Blätter (und Früchte) werden von Kindern gekaut, sonst überläßt man die Pflanze dem Kuckuck und Hasen oder der Geiß: Buebe(n)laub (Elsaß), Buebebeeri, -bletter (Thurgau), Guggerchrut, -beeri, -brod, -laub (Schweiz), Hase(n)brot (Elsaß); Geisesurampfer (Elsaß), Gitzibeer (St. Gallen), Geiße(n)laub (Schweiz).

Botanisches: Der sehr widerstandsfähige, bis 3 m hohe Kalk- und Grauwacke liebende Strauch lebt noch auf dem dürrsten und heißesten Sandboden Europas und meidet feuchten Boden. Er trägt rutenförmige Zweige und herabhängende, reiche Blütentrauben mit gelben, stark riechenden Blüten, die reizbare Staubgefäße enthalten. Vom Weidevieh wird er wegen der mit Dornen besetzten Triebe verschont. Auf der Unterseite der verkehrt-eiförmigen Blätter werden die Wintersporen des Getreiderostes ausgebildet. In der Nähe von Getreidefeldern darf er daher nicht geduldet werden. Seine länglichen, roten Beeren enthalten Äpfel-, Wein- und Zitronensäure. Blütezeit: Mai bis Juni.

Geschichtliches und Allgemeines:

Die Berberitze wurde früher für die Oxyacantha des Dioskurides, welchen Strauch die Araber Berberis nannten, gehalten und daher in die Offizinen eingeführt. Die Oxyacantha und Berberis der Alten ist aber die Crataegus Pyracantha Persoon. Dagegen wurde Berberis vulgaris im Mittelalter sehr häufig innerlich und äußerlich als Arzneimittel benutzt. Ray, Gilibert und Copland gebrauchten das Mittel hauptsächlich gegen Gelbsucht. In neuerer Zeit wird das Berberin selbst verwandt.

Wurzel und Rinde des Strauches dienen zum Gelbfärben; aus dem Saft der Beeren machte man früher die sogenannten roten Kraftkügelchen, die Rotulae Berberum. Heute läßt man die Früchte erfrieren und nach dem Auftauen läßt sich ein erfrischender, saurer Saft auspressen, der an Stelle von Zitronensaft oder Apfelsaft getrunken werden kann. Dieser Saft wirkt ebenso wie der Weinauszug aus den Beeren schwach abführend. Ein Auszug der Rinde dient auch als Gurgelmittel bei Zahnfleischentzündungen. In der mongolischen Medizin wird nach Hübotter die Berberitze gegen Schleimkrankheiten, Blutfluß und "zur Hinausschaffung von Feuchtigkeit" angewendet.

Wirkung

Der Berberitzen-Beerensaft wurde von Paracelsus (Paracelsus Sämtl. Werke, Bd. 1, S. 850, Bd. 3, S. 843, 852.) als "saurer Trank" geschätzt.

Auch Osiander (Osiander, Volksarzneymittel, S. 9.) erwähnt ihn als "vorzüglich durstlöschend und erquickend"; in der ägyptischen Medizin habe er eine große Rolle gespielt. Bei Lonicerus (Lonicerus, Kreuterbuch, 1564, S. 110.) und Bock (Bock, Kreutterbuch, 1565, S. 366.) findet vorwiegend die Frucht Anwendung; die Wurzelrinde dagegen nur zum Ausziehen von Pfeilen, Eisen und Dornen.

Auch die zahlreichen Indikationen des Matthiolus (Matthiolus, New-Kreuterbuch, 1626, S. 47.) beziehen sich nur auf die Früchte und Stammrinde, ebenso die Angaben der Ärzte des 18. und 19. Jahrhunderts.

Nur das aus der Wurzel isolierte Alkaloid Berberin fand häufig - namentlich gegen Wechselfieber - Anwendung. Berberis vulgaris enthält wie verschiedene andere Species neben dem Berberin die Alkaloide Oxyacanthin und Berbamin (Wehmer, Die Pflanzenstoffe, S. 326.). Mit mehr als 15% Alkaloid steht sie an der Spitze der Berberisarten (Orechoff, Arch. Pharmaz., 271, 323, 1933.). Die alkaloidärmste Species, Berberis Thunbergii, enthält nur 0,97%. Über ausführliche Angaben über die chemische Konstitution der Berberisalkaloide vgl. die in der Fußnote (Schulz, I. Am. Ph. Ass. 1926, 15, 33, ref. in Jahresbericht d. Pharmazie, Göttingen 1926, S. 193 (Berberin); Bruchhausen, Oberembt u. Feldhaus, Liebigs Ann., 507, S. 144, 1933; R. Dowes Haworth u. W. P. Perkins jun., I. Chem. Soc., London 1926, S. 445; H. Schultze, Beiträge zur Kenntnis des Oxyacanthins, Dissert. Münster 1929; M. Wagenaar, Pharmaz. Weekblad 1930, S. 77/79, ref. in Pharm. Ztg. 1930, S. 371; v. Bruchhausen u. Gericke bringen im Arch. d. Pharmazie, 269, 1931, 115, die Konstitutionsformel von Oxyacanthin und Berberamin.) angegebene Literatur. Die Früchte sind alkaloidfrei.

Nach Altin (Altin, Hygiea, Bd. 16, S. 279.) steht das Berberin bezüglich seiner Wirkung zwischen Chinin und Rhabarber. Er verordnete es mit Erfolg bei schwer in Gang kommender Diurese nach überstandenem Choleraanfall, bei Gastrizismus mit Leberstörungen, dyspeptischen und kardialgischen Beschwerden und zusammen mit Ferr. lactic. gegen Chlorose.

Lascarato (Lascarato, Journ. des Practiciens 1899.) ist der Ansicht, daß Berberin als Reizmittel auf die Verdauungsorgane wirke, hauptsächlich aber die elastischen Zellen der durch Malaria angeschwollenen Milz zusammenziehe, wodurch die Haematozoen in den allgemeinen Kreislauf gebracht würden und dort leichter unter den Einfluß des Chinins kämen.

Mosse und Tautz (Mosse u. Tautz, Ztschr. klin. Med., 43, 257, 1901.) konnten allerdings die Kontraktion der Milz durch Berberin nicht bestätigt finden.

Brissemoret und Challamel (Brissemoret u. Challamel, Bull. de la Soc. de thérap. 1929.) verwendeten es zu Kuren gegen Morphinismus.

Gegen Diarrhoea scrofulosa infantum und Diarrhöe der Phthisiker wurde es von Reil (Reil, zit. b. Schulz, Wirkg. u. Anwendg. d. dtsch. Arzneipfl., S. 113.) angewandt.

Schulz (Schulz, vgl. 13).) tritt dafür ein, eine Tinktur aus der Berberiswurzel an Stelle der ausländischen Colombowurzel zur Behandlung von Durchfällen, insbesondere bei Darmtuberkulose, zu verwenden.

Kneipp (Kneipp, Das große Kneippbuch, S. 655 ff., München 1935.) gibt Berberitzentee bei Leberentzündung, katarrhalischer Gelbsucht und Gallensteinleiden.

Die englische Medizin (Brit. Pharm. Codex 1923, S. 199.) gebraucht Berberin als bitteres Stomachikum, auch gegen Diarrhöe und Schwangerschaftserbrechen.

Inverni (Inverni, C. B., Piante medicinale, Bologna 1933.) bezeichnet Berberis als Tonikum, Stimulans der Leberfunktion und als Febrifugium. Nach ihm besitzt der Sauerdorn auch vasokonstriktorische Eigenschaften, so daß er bei viszeralen und uterinen Blutungen gebraucht werden kann. Das in großen Gaben auch drastisch wirkende Mittel hält er infolge der umstimmenden Eigenschaften auch zur Behandlung der Skrofulose für geeignet.

Im Jahre 1927 veröffentlichte Varma (Varma, zit. in Mercks Jahresber. 1927, S. 62.) einen Bericht über die erfolgreiche Behandlung der Orientbeule mit Injektionen von Berberinsulfat.

Auch Löhe (Löhe, Med. Klinik 1934, Nr. 5, S. 158.) behandelte 2 Fälle von Orientbeulen, bei denen die Anwendung von Salvarsan und Antimon erfolglos geblieben war, mit Serien von Injektionen einer 1%igen Berberinsulfatlösung in den Grund der Knoten.

Ebenso wurde die günstige Wirkung von Berberininjektionen in den Geschwürsrand bei Hautleishmaniose von Chopra, Dikshit und Chowhan (Chopra, Dikshit u. Chowhan, Ind. J. med. Res., 19, S. 1193, 1932.) auch bei solchen Kranken beobachtet, die vorher vergeblich mit Kohlensäureschnee oder mit Antimonpräparaten behandelt worden waren.

Es zeigte sich, daß Berberin einen spezifischen Einfluß auf den Erreger der Orientbeule, Leishmania tropica, besitzt, was auch experimentell von Das-Gupta (Zit. bei Pützel, in Medizin und Chemie, Bd. II, S. 288.) bestätigt wurde. In vitro verhindert saures Berberinsulfat schon in einer Verdünnung von 1 : 80 000 das Wachstum von Leishmania tropica. Zur Behandlung der Orientbeule genügt eine ein- bis viermalige Einspritzung in wöchentlichen Abständen von etwa 1 ccm einer 1-2%igen sauren Berberinsulfatlösung in die Beulen und deren nächste Umgebung, um die Geschwülste zum Verschwinden zu bringen. Nach dieser Behandlung lassen sich auch mikroskopisch keine Erreger mehr feststellen.

Berberinhaltige Pflanzen (außer verschiedenen Berberisarten noch Hydrastis canadensis, Coptis teeta, Toddalia aculeata, Coscinium fenestratum u. a.) werden, soweit in Indien beheimatet, gegen Rheumatismus, Schlangenbiß, Lepra, Erbrechen, Verstopfung bei Kindern, Ikterus, Menorhagien, sympathischer Ophthalmie bei Kindern, Ulcus ventriculi und duodeni und als Stomachikum, das Berberin besonders häufig bei Malaria, angewendet (Vgl. 18).).

Allerdings sahen Chopra, Dikshit und Chowhan (Vgl. 18.) bei Patienten, die mit Plasmodium malariae, Pl. vivax und Pl. falciparum infiziert waren, niemals eine subjektive oder objektive Besserung.

In der homöopathischen Literatur (Hughes-Donner, Einführg. i. d. hom. Arzneimittell., S. 95; Dahlke, Ges. Arzneimittell., S. 61; Stauffer, Hom. Taschenb., S. 199.) werden u. a. gichtisch-rheumatische Leiden, Gallen- und Nierensteine und chronische Verdauungsstörungen als Indikationen für Berberis genannt.

Wizenmann (Wizenmann, Heilung u. Heiligung, S. 1368.) empfiehlt Berberis D 3 bei Nierenstockungen mit Schmerzen und Harndrang mit großer Hinfälligkeit und nennt es ein Hilfsmittel bei allen Schleimhautveränderungen, die von der Niere aus bedingt sind.

In Versuchen an Ratten konnte Hildebrandt (F. Hildebrandt, Münchn. med. Wschr. 1936, Nr. 49, S. 1999.) fast keine diuretische Wirkung durch Berberitzentee feststellen. Auch ich sah keinen Einfluß auf die Diurese an Meerschweinchen.

Berberin bewirkt Kontraktionen der Gefäße aller Unterleibsorgane, also auch des Uterus, wodurch in einem Falle Wehen erzeugt wurden; bei Blutungen wurde nach kurzem Stillstand und Abnahme eine Vermehrung beobachtet. In großen Dosen verursacht Berberin Diarrhöen, Magendrücken, Appetitabnahme; in einem Falle wurde Aufregung, in zwei anderen Depression und Halluzinationen bei häufigem und schwachem Pulse beobachtet (Lewin, Nebenwirkungen d. Arzneimittel, S. 615.). Auch Delirien mit Bewußtlosigkeit können eintreten (Mendes de Leon, Arch. f. Gynäk. 1885, H. 1.). Ernstere Vergiftungen sind nicht bekannt.

Bei Tieren verursacht es Leukozytose, hämorrhagisch entzündliche Affektionen und Nekrosen der Niere und schwerste Schädigung der Ganglienzellen des Zentralnervensystems (Vgl. 11).).

Im Tierversuch bewirkt das Berberin nach den Untersuchungen von Chopra, Dikshit und Chowhan (Vgl. 18.) weiterhin Blutdrucksenkung durch Gefäßerweiterung, Erweiterung und Lähmung des Herzens, Förderung der Atmung durch kleine, Hemmung durch große Dosen und Verstärkung der Bewegungen von Uterus und Darm bei fehlender oder nur angedeuteter Wirkung auf den Darm.

Nach Versuchen von Raymond-Hamet (Raymond-Hamet, C. r. Acad. Sci. Paris, 197, S. 1354, 1933.) kompensiert das Oxyacanthin teilweise die blutdrucksteigernde Wirkung mittlerer Adrenalindosen und kehrt die Adrenalinwirkung auf die Nierengefäße um. Raymond-Hamet folgert daraus eine sympathikuslähmende Wirkung des Alkaloids und gibt weiterhin an, daß die Alkaloide von Berberis vulgaris in mancher Hinsicht chininähnlich wirken.

Berberinlösungen sind gegen Temperaturen bis zu 100° auch bei längerer Einwirkungszeit beständig. Durch den Sauerstoff der Luft und durch Änderung des pH werden sie nicht beeinflußt. Zu berücksichtigen ist, besonders beim Erhitzen unter Druck, eine partielle Bildung von Berberrubin (R. Dietzel, Fortschr. d. Therapie 1937, H. 3, S. 156.).

In einer Arbeit von Mayer findet sich eine sehr umfangreiche Literaturübersicht über Berberis, die zur Orientierung in der Fußnote

(Mayer, Biolog. Heilk. 1932, S. 596, bringt folgendes Literaturverzeichnis über Berberis und Hydrastis:

Bartholow, Materia medica and Therapeutics 1887.
Bunge, Kuno v., Z. Kenntnis d. Hydrastis usw., Arb. a. d. pharm. Instit. Dorpat, Bd. 11, II, Stuttgart (Encke) 1895.
Das-Gupta, B. M., u. Dikshit, Indian medical Gazette, 64, 67 (1929).
Devi, A. Lakahami, Indian med. Gaz., 64, 139 (1929).
Falck, Therapeuth. Monatshefte 1890, S. 79.
Fellner, L., Jahrb. Ges. Wien. Ärzte, Jahrg. 1885, S. 349.
Ders., Z. med. Wiss., 22, 417 (1884).
Hale, New Remedies, 3. Aufl., 1873.
Husemann, August u. Theodor, Die Pflanzenstoffe, Berlin (Springer).
Hovorka, v., u. Kronfeld, Vergl. Volksmedizin, Stuttgart (Strecker & Schröder) 1908.
Joachimoglu, G., u. E. Keeser, Handb. d. exp. Pharm. II, 2, Berlin (Springer) 1924.
Köhler, Julius, über das Berberin, I. D. Berlin 1883.
Kunkel, A. J., Handb. d. Toxikologie, Jena (Fischer) 1899.
Langecker, Hedwig, Naunyn-Schmiedebergs Arch., 118, 49 (1926).
Lavid, P. F., Allgem. Homöop. Ztg., 106 (1883).
Marfori, Pio, Naunyn-Schmiedebergs Arch., 27, 161 (1890).
Mays, Th. J., Therap. Gazette, 3, 289 (1886).
Mercier, Fernand, C. r. soc. biol., 97, 1468 (1927).
Ders., u. Raymond-Hamet, C. r. ac. sciences, 185, 363 (1927 II).
Mossa, Allgem. Homöop. Ztg., 116, 45 (1888).
Mosse, Max, u. Kurt Tautz, Ztschr. Klin. Med., 43, 257 (1901).
Oesterlen, F., Handb. d. Arzneimittellehre, Tübingen 1847.
Rutherford, William, Brit. Med. Journ. 1879, I, 31.
Sänger, Wien. klin. Rundsch. 1902, Nr. 19 u. 20. Schatz, Ztschr. f. Gynäk., 7, 687 (1883).
Varma, R. L., Indian med. Gaz., 62, 84 (1927).
Waldorp, C. P., Bol. instit. clin. quirurg, ref. in Mercks Jahresbericht 1927, p. 62.
Winterburn, George W., Allgem. Homöop. Ztg., 109 (1884).)

angeführt ist.

Verwendung in der Volksmedizin außerhalb des Deutschen Reiches (nach persönlichen Mitteilungen):

Dänemark: Als kühlendes Getränk, gegen Gelbsucht und Skorbut.

Litauen: Die Früchte als Antipyretikum.

Italien: Gegen Malaria und Metrorrhagie.

Polen: Radix et Cortex gegen Gelbsucht.

Tschechoslowakei: Der Sauerdornwein wird gegen Ruhr, Kopfschmerzen, Wechselfieber, Appetitlosigkeit, Blutsturz und als Abführmittel angewendet. Abkochungen der Blätter und Rinde werden bei lockeren Zähnen und entzündetem Zahnfleisch als Gurgelmittel gebraucht.

Ungarn: Als Stopfmittel, gegen Appetitlosigkeit und Halsschmerzen.

Anwendung in der Praxis auf Grund der Literatur und einer Rundfrage:

Über die erfolgreiche Anwendung von Berberinsulfatinjektionen bei der Orientbeule vgl. das früher Gesagte.

Berberis vulgaris wird bei Leberfunktionsstörungen, Gallenstauungen+) und insbesondere Steinleiden verordnet. Im einzelnen wird es also gegeben bei Cholelithiasis, Nephrolithiasis (Oxalat- und Uratsteinen) mit häufiger Kolik, Ikterus, Hämorrhoiden, Milzleiden, Nephritis und Cholecystitis mit besonders starkem Rückenschmerz, Hydrops, Retentio urinae und Urethraschmerzen. Ensinger, Haltingen, wandte Berberis im Wechsel mit Uva ursi und Urtica urens bei Pyelocystitis lithämischer Diathese an.

Sehr gelobt wird Berberis bei Gicht, auch Arthritis deformans, Rheuma, Lumbago, Retinitis rheumatica, Arthralgien der Wirbelsäule, Kreuzschmerzen und Schmerzen der Aponeurosen. Gelegentlich findet es auch Anwendung bei Verdauungsstörungen, Diarrhöe, besonders in Verbindung mit Skrofulose und Tuberkulose, Ekzemen (Eisenberg, Würzburg, gebrauchte es mit Erfolg bei chronischen Ekzemen bei a- und subcholischem Stuhl) und Fistulae ani. Sehr selten ist die Anwendung als Fiebermittel. Schließlich empfiehlt noch E. Meyer, Berlin, Berberis als Gegenmittel bei Adrenalin-Schock. Äußerlich wird eine Abkochung der Rinde als Gurgelmittel bei Zahnfleischentzündungen und lockeren Zähnen angewandt. Die Droge ist gut geeignet als Ersatz für die ausländische Ratanhia (Verf.).

Als Wechselmittel werden u. a. Rubia tinctorum, Rhus tox., Chelidonium, Hepar sulf. und Carduus marianus zweckmäßig gewählt, jedoch wird Berberis auch häufig im Teegemisch mit Juniperus, Petroselinum, Betula alba u. a. verordnet.

+) Beispiel für die Anwendung: (Nach Engelstädter, "Allgemeine Homöopathische Zeitung" 1924, S. 126.) 48jährige Frau, seit vier Jahren gallenleidend. Winter 1922 operiert. Gleich nach der Operation neue Schmerzen. Seit Anfang Juni 1923 kaum noch erträglich. Befund: dreiquerfingerbreite Leberschwellung unter der wellenförmigen Operationsnarbe (nach Kehr operiert). Erhebliche Bauchdeckenspannung, Druckempfindlichkeit der Flexura coli hepatica. Dick belegte trockene Zunge, Puls klein, schnell, Temperatur über 38° C. Stuhlgang seit Tagen ausgeblieben. Bei der Bedenklichkeit des Krankheitsbildes riet ich dringend, die Klinik wieder aufzusuchen, doch die Patientin war durchaus nicht dazu zu bewegen, und ich hatte freie Hand.

Ich gab Atrop. sulf. D 3 mit Berberis D 3 zweistündlich im Wechsel neben dauernden heißen Kompressen auf die Schmerzstelle. Nach zwei Tagen war die verdächtige, auf Peritonealreizung deutende Bauchdeckenspannung weg, der Puls voller, die Temperatur normal, die Zunge sauberer und der Druckschmerz geschwunden. Nach weiteren zwei Tagen konnte ich die Patientin bereits wieder aufstehen lassen. Kotuntersuchungen lieferten keinen Stein. - Patientin hat seitdem keinen neuen Anfall mehr bekommen.

Angewandter Pflanzenteil:

Bock und Lonicerus nennen unter gleichen Indikationen die im Herbst gesammelten Beeren und das im Mai gesammelte blühende Kraut, jedoch scheinen vorwiegend die Beeren Verwendung gefunden zu haben. Die Wurzelrinde wurde von ihnen nur äußerlich angewandt.

Matthiolus nennt nur die Beeren und den äußerlichen Gebrauch der Stammrinde.

v. Haller gibt den Gebrauch der Beeren, Wurzel und Rinde an.

Offizinell waren noch im 19. Jahrhundert die Beeren, früher auch die Samen, Wurzel und Rinde, Baccae, Semina, Cortex et Radix Berberides.

In der neueren Literatur (Potter, Hager, Zörnig, Leclerc u. a.) wird die Verwendung der Wurzel oder der Wurzelrinde in den Vordergrund gestellt. Das "Teep" wird aus der frischen Wurzel- und Stammrinde bereitet. Homöopathische Tinktur nach dem HAB.: Getrocknete Wurzelrinde (§ 4).

Fructus Berberidis sind offizinell in Frankreich.

Dosierung:

Übliche Dosis:
2-4 g der Tinktur (Brit. Pharm. Cod.);
2-3 g des Fluidextraktes (Leclerc);
0,05-0,25 g Berberin (Rost-Klemperer);
1 Teelöffel (= 2,1 g) der Wurzelrinde zum heißen Infus täglich;
2 Teelöffel voll (= 5 g) der Beeren zum kalten Auszug täglich.
1 Tablette der Frischpflanzenverreibung "Teep" drei- bis viermal täglich.
(Die "Teep"-Zubereitung ist auf 50% Pflanzensubstanz eingestellt. Bei einem Berberingehalt der Droge von 3,0% enthält 1 Tablette zu 0,25 g (entsprechend 0,125 g Cortex Berberidis) 0,00375 g Berberin.)

In der Homöopathie:

dil. D 2, dreimal täglich 10 Tropfen.

Maximaldosis:

Nicht festgesetzt.

Prüfung am Gesunden:

6 Prüflinge nahmen auf meine Veranlassung Berberis vulgaris "Teep" je in drei verschiedenen Dosen von "Teep" D 2-0 an drei Tagen hintereinander. "Teep" D 2 verursachte bei einem Prüfling Schmerzen beim Wasserlassen, bei einem anderen Stechen in der Nierengegend und Schmerzen beim Wasserlassen bei gleichzeitig bestehendem Harndrang. "Teep" D 1 verursachte in zwei Fällen starkes Hitzegefühl im Gesicht und um die Ohren herum. "Teep" 0 rief in der Dosis dreimal täglich 1 Kapsel (= 1 g Pflanzensubstanz) bei einem Prüfling die gleichen Symptome, die durch "Teep" D 1 beobachtet waren, hervor, während ein anderer über Leibschmerzen klagte.

Obgleich die beobachteten Erscheinungen nicht einheitlich sind und nur an einem kleinen Teil der Prüflinge auftraten, so zeigen sie doch, daß es sich bei Berberis um ein starkes Reaktionsmittel handelte.

Rezepte:

Bei Harnsäure-Diathese:

Rp.:
Cort. rad. Berberidis . . . 30 (= Wurzelrinde der Berberitze)
D.s.: ½ Teelöffel zum Infus auf 1 Glas kochendes Wasser, tagsüber 2 Glas trinken.
(Teezubereitung: Der aus der Wurzelrinde bereitete Tee zeigt im heißen Auszug einen Gehalt von 2,6% Berberin, dem beim kalt bereiteten Tee ein Gehalt von 1,7% gegenübersteht. Außerdem zeigt der heiß bereitete Tee mit 2,73% einen höheren Extraktgehalt als der kalt bereitete Tee mit einem Extraktgehalt von 2,32%. Der Glührückstand beträgt beim heiß bereiteten Tee 0,189% und beim kalt bereiteten 0,174%. Peroxydase ist im kalten Auszug stark nachweisbar, im heißen ist der Nachweis unsicher. 1 Teelöffel voll des Tees wiegt 2,1 g. Der Tee schmeckt außerordentlich bitter, und zwar ist ein heiß bereiteter Auszug im Verhältnis 1 : 100 hergestellt kaum noch trinkbar. Der Tee ist also mit höchstens ½ Teelöffel auf 1 Glas Wasser heiß herzustellen.).
Rezepturpreis ad chart. etwa -.56 RM.

Bei Nieren- und Blasenleiden (nach Bastian):

Rp.:
Cort. et Fruct. Berberidis (= Berberitzenrinde u. -beeren)
Fruct. Juniperi (= Wacholderbeeren)
Fol. Uvae ursi (= Bärentraubenblätter)
Fol. Betulae (= Birkenblätter)
Fruct. Petroselini . . . aa 20 (= Petersiliensamen)
M.f. species.
D.s.: 1 ½ Teelöffel auf 1 ½ Glas Wasser, vgl. Zubereitung von Teemischungen S. 291.
Rezepturpreis ad chart. etwa -.87 RM.

Bei Hepatopathien (nach Dinand):

Rp.:
Fruct. Berberidis (= Berberitzenbeeren)
Fol. Betulae (= Birkenblätter)
Fruct. Juniperi (= Wacholderbeeren)
Hb. Absinthii (= Wermutkraut)
Hb. Millefolii . . . aa 20 (= Schafgarbenkraut)
M.f. species.
D.s.: 2 Teelöffel auf 2 Glas Wasser, vgl. Zubereitung von Teemischungen S. 291.
Rezepturpreis ad chart. etwa -.87 RM.

Lehrbuch der Biologischen Heilmittel, 1938, was written by Dr. Med. Gerhard Madaus.