Populus tremula. Espe, Zitterpappel. Salicaceae.
Name: Pópulus trémula L. (= P. australis Ten., = P. graeca Griseb.). Zitterpappel, Espe, Aspe. Französisch: Tremble, Peuplier tremble; englisch: Aspen; italienisch: Tremolo, Pioppo tremolo, Alberello, Albera, Popolo montano; dänisch: Bävre-Asp; litauisch: Drebule; norwegisch: Asp; polnisch: Osina; russisch: Osika; schwedisch: Asp; tschechisch: Osika; ungarisch: Rezgö nyárfa.
Weiteres Vorkommen: Sibirien (westlich bis Japan), Nordafrika.
Namensursprung: Populus ist der Name der Schwarz-Pappel bei den Römern, die Etymologie ist unsicher, eine Erklärung will den Namen vom griechischen πατπ_λλμαι (paipállmai) = zittern, zappeln wegen der ständigen Bewegung der Blätter ableiten; tremula vom lateinischen tremere = zittern. Espe (althochdeutsch: aspa, mittelhochdeutsch: aspe) steht vielleicht im Zusammenhang mit Esche. Eine hübsche Volkssage berichtet, daß die Blätter der Espe deswegen immer zittern müßten, weil diese sich, als Christus am Kreuze hing, nicht wie die anderen Bäume neigte und daher von Gott verflucht wurde.
Volkstümliche Bezeichnungen: Kärntnerische (und Österreichische) Bezeichnungen sind: Agspalter, Agspelter, Aspolter. Nach den beständig zitternden, sich beim leisesten Luftzug bewegenden Blättern heißt der Baum: Zitter, Zitterle, Zittroch (Krain: Gottschee), Zitterasp (Rauhe Alb), Flitterbarke, Fliddereschen, Flittereske, Fluttermai, Flitterpoppel (nordwestliches Deutschland), Fluderesch (Ostpommern), Flauderespe (Elsaß), Flitter, Flittern (österreich, zu "flittern"), Klapperpoppel (Bremen), Bäweeske, Bäwerke, Bäfeske (von "beben") (Ostfriesland), Papierholz (Rauhe Alb).
Botanisches: Die Rinde dieses Strauches oder 10-30 m hohen Baumes ist anfänglich glatt, gelbbraun, während sie in späteren Jahren schwarzgrau und borkig wird. Die langgestielten Blätter sind eiförmig bis kreisrund. Die Blüten sind zu walzigen 4-11 cm langen Kätzchen vereint. Die Espe kommt in Eurosibirien und Nordafrika vielfach als Unterholz vor und zeigt eine weitgehende Anspruchslosigkeit an Standort und Klima. Frischer humusreicher Waldboden und warm-feuchtes Klima sagen ihr jedoch sichtlich zu. Das Vermögen, Wurzelschößlinge zu erzeugen, ist bei ihr sehr stark ausgebildet. Die Asche enthält Spuren von Vanadium. Blütezeit: März bis April.
Geschichtliches und Allgemeines:
Die medizinische Verwendung verschiedener Pappelarten, meistens Populus nigra und Populus alba, ist schon im Altertum bekannt gewesen. Galenus erwähnt die Espe als Kerkis. Die hl. Hildegard (12. Jahrhundert) nennt sie bereits Aspa, während H. Bock sie unter Lubica aufführt. In China kennt man die Rinde der Espe unter dem Namen Fu-i als Taenifugum.
In Amerika bedienen sich die Indianer der inneren Rinde der Zitterpappel als Nahrung im Vorfrühling. Doch schätzen sie sie auch als Heilmittel gegen Husten und als Laxans. Sie soll in großen Mengen (mehrere Pfunde) täglich gegessen werden können, ohne schädliche Folgen zu verursachen. Die Knospen der Schwarzen Pappel, Populus nigra, werden im Volke gegen Hämorrhoiden und Brandwunden gebraucht.
Die jungen Triebe und die Rinde von Populus alba sollen stark anthelmintisch wirken und werden in der norwegischen und englischen Tierarzneikunde praktisch verwertet. Man gibt 300-500 g der frischen zerschnittenen Rinde den Pferden gegen Spulwürmer nüchtern. Die Rinde von Populus balsamifera wird als warmes Kataplasma oder als Badesalz bei Fußschweiß gebraucht.
Wirkung
Matthiolus (Matthiolus, New-Kreuterbuch, 1626, S. 38 B.) schreibt der Espe, bei ihm "Libyscher Pappelbawm" genannt, die gleichen Wirkungen wie den Pappeln zu: gegen Hüftweh, Podagra, Harnträufeln, Ohrenschmerzen; die Knospen finden Verwendung zu einer haarwuchsfördernden Pomade und zu einer Salbe gegen Verbrennungen und Entzündungen.
v. Haller (v. Haller, Medicin. Lexicon, 1755, S. 1146.) betont, daß die Essenz aus den Pappelknospen nicht nur als Wundessenz gerühmt werde, "sondern auch innerlich in Geschwären der Lunge, Nieren und anderer Teile, in langwührigen Durchfällen, in dem Tripper und weißen Fluß gute Dienste thun solle".
Nach Schulz (Schulz, Wirkg. u. Anwendg. d. dtsch. Arzneipfl., S. 91.) wird diese Essenz auch bei Cystitis und chronischer Menorhagie getrunken; ein Infus der Blätter werde gerühmt bei Incontinentia urinae alter Leute.
Von der homöopathischen Schule wird die verwandte Populus tremuloides hauptsächlich gegen Erkrankungen des Urogenitalsystems wie Cystitis mit viel Schleim und Eiter im Urin, Urethritis und Prostatahypertrophie angewandt (Stauffer, Homöop. Taschenb., S. 281; Schmidt, Lehrb. d. hom. Arzneimittell., S. 258; Heinigke, Handb. der hom. Arzneiwirkungsl., S. 523; E. Haehl, Fortschr. d. Med. 1937, Nr. 6, S. 73.).
Die wirksamen Bestandteile sind das Glukosid Salicin und sein Benzoylderivat Populin (Kobert, Lehrb. d. Intoxik., S. 662.) (in der frischen Rinde wurden 0,13% Salicin und 6,5% Populin festgestellt (Nach eigenen Untersuchungen.), vgl. auch die Kapitel Salix und Glykoside).
Tilmant (Tilmant, Bull Acad. Méd., 116 ([3] 100.) 341-43, 10/11, 1936, zit. nach Chem. Zentralbl. 1937, I, Nr. 9, S. 2209.) prüfte die Glykoside aus Gemmae Populi auf die Beeinflussung der Harnsäureausscheidung. Es wurde festgestellt, daß durch Salicin die Harnsäureausscheidung sich von 25 auf 41%, durch Populin von 11 auf 29% und durch Salipopulin (Gesamtglykoside) von 38 auf 71% erhöht. Die Herabsetzung der Harnsäurekonzentration im Blut ist ebenfalls größer nach Salipopulin als nach Salicin oder Populin. Bei der Behandlung neuralgischer und arthralgischer Erkrankungen erweist sich Salipopulin als wirksamer als die beiden isolierten Glykoside. Die längere Anwendung des einen oder anderen Glykosids ist niemals von Nierenstörungen begleitet, wie man sie öfters bei Salizylsäure beobachtet. Da die gleichen Inhaltsstoffe auch in der in den homöopathischen Lehrbüchern angeführten Populus tremuloides enthalten sind (Wehmer, Pflanzenstoffe, S. 204, 205.), kann man unsere einheimische Espe (Populus tremula) an Stelle der nordamerikanischen Populus tremuloides verordnen.
In Rußland wurden mit Populus alba gute Heilerfolge bei Malaria tertiana erzielt (Za Socialist. Zdraw. uz-na. jurn. kamzchav. 1934, Nr. 3-4.), vgl. auch die folgende Kurve.
** missing image **Verwendung in der Volksmedizin außerhalb des Deutschen Reiches (nach persönlichen Mitteilungen):
Litauen: Das Infus aus der Rinde und den Knospen gegen Fieber, Verstopfung und Rheuma.
Norwegen: Die Rindenabkochung bei Erkältungskrankheiten, Würmern und als Abführmittel.
Ungarn: Gegen Nierensteine, Fluor albus und andere Frauenkrankheiten (äußerlich auch in Form von Bädern).
Anwendung in der Praxis auf Grund der Literatur und einer Rundfrage:
Populus tremula ist bei Prostatahypertrophie und Blasenleiden, speziell alter Patienten, indiziert. Im einzelnen wird es gegeben bei: akuter und chronischer Cystitis, Blasenschwäche und Enuresis der Greise, Blasenhalsreizung, Tenesmus vesicae und schmerzhaftem Urinieren, insbesondere während der Gravidität und nach Operationen. Besonders zufrieden war Mühlschlegel, Stuttgart, mit dem Mittel. Er schreibt mir: "In 4 Fällen ohne Versagen prompter Erfolg bei Prostatahypertrophie (mit leichter Cystitis) mit Populus tremula D 1-2. Bei einfacher Cystitis dagegen unsicher."
Weitere Indikationen sind: Skorbut, Lues, Hämorrhoiden (hier auch äußerlich), Dyspepsie, Gicht und Rheuma. Taller, Ronsperg, empfiehlt es bei empfindlicher venöser Stauung, besonders zur Zeit der Menses, äußerlich wird es noch gegen Verbrennungen und Geschwülste angewandt.
Angewandter Pflanzenteil:
Matthiolus erwähnt die Rinde und den Saft der Blätter als wirksam. v. Haller nennt die Gemmae oder Oculi populi als verwendet.
Heute werden allgemein die Rinde der jungen Zweige und die Blätter benutzt (Kobert, Stauffer, Schmidt, Heinigke).
Nach dem HAB. sollen zur Herstellung der Essenz die frische innere Rinde der jungen Zweige und die Blätter zu gleichen Teilen verwendet werden. Das "Teep" wird aus den gleichen Pflanzenteilen gewonnen.
Dosierung:
- Übliche Dosis:
In der Homöopathie:
Maximaldosis:
Lehrbuch der Biologischen Heilmittel, 1938, was written by Dr. Med. Gerhard Madaus.