Rosmarinus officinalis. Rosmarin. Labiatae.
Name: Rosmarínus officinális L. (= Salvia rosmarinus Spenner). Rosmarin, Kranzenkraut. Französisch: Rosmarin, romarin; englisch: Rosemary; italienisch: Ramerino, rosmarino; dänisch: Rosmarin; norwegisch: Rosmarin; polnisch: Rozmaryn; russisch: Rozmarin; schwedisch: Rosmarin; tschechisch: Rozmarina; ungarisch: Rozmaring.
Verbreitungsgebiet: Im übrigen Mittelmeergebiet eingebürgert.
Namensursprung: Die Deutung des Namens "Rosmarinus" ist noch ungeklärt. Eine Auslegung will den Namen als eine volksetymologische Umdeutung vom griechischen __ψ μνρ_νος (rhops myrínos) = wohlriechender Strauch erklären, eine andere dagegen will ihn vom lateinischen ros = Tau und mare = Meer, also Meertau, unter Bezugnahme auf das Vorkommen der Pflanze in Küstengebieten, ableiten.
Volkstümliche Bezeichnungen: Das Wort Rosmarin ist häufig mehr oder minder deutlich volksetymologisch an "Rose" und den Personennamen "Marie" angelehnt, z. B. Rusem-, Rosemrein (Taunus), Rosemmerei (Nahegebiet), Rosmariě (Leipzig), Rußmari (Schlesien), Rosmarein (bayrisch-österreichisch), Rosmarie (Niederösterreich), Rosmerei (Lothringen), Rosemarie (Thurgau), Röäslimarie (St. Gallen). Andere Benennungen sind noch Hochzeitmaie (westl. Allgäu), Schoßstock (Elsaß), Kid (St. Gallen).
Botanisches und Allgemeines:: Der frostempfindliche, 1-2 m hohe Strauch mit dichtverzweigten Ästen ist in den Macchien des Mittelmeergebietes beheimatet. Die immergrünen lanzettlichen Blätter sind mit einer dicken Epidermis und sehr kleinen Sternhaaren versehen. Die blaßblauen Lippenblüten sind an den Kurztrieben zu endständigen Scheintrauben vereinigt. Das Rosmarinlaub wird von Schafen gierig gefressen, und das Fleisch der auf den Rosmarintriften (Südfrankreich) weidenden Schafe gilt als besonders schmackhaft. Klima und Bodenbeschaffenheit scheinen auf die Qualität des Öles dieser Pflanze großen Einfluß auszuüben, da das südfranzösische Öl im Vergleich zu dem englischen und spanischen in dieser Hinsicht bedeutend besser ist. Blütezeit: April bis Juni.
Geschichtliches und Allgemeines:
Da der Rosmarin eine mediterrane Pflanze ist, würde es naheliegen, zu glauben, daß er bei den alten Griechen und Römern auch als Heilpflanze sehr bekannt gewesen sei. Dieses scheint aber nicht zuzutreffen, denn Theophrast erwähnt ihn gar nicht, und Dioskurides weiß von seiner Heilkraft nur zu berichten, daß er eine erwärmende Kraft habe und die Gelbsucht heile. Dagegen hat der Rosmarin in der antiken Kultur immer eine große Rolle gespielt. Er war der Aphrodite geweiht und diente nach Horaz und Ovid Menschen und Göttern als Schmuck. Als Honigspender rühmt ihn schon Columella. Der Honig von Mahon und Narbonne soll seine Güte dem Rosmarin verdanken. Über die Alpen ist er durch die kolonisierenden Mönche gekommen und wird bereits im Capitulare Karls des Großen erwähnt. Im Mittelalter war er eine sehr geschätzte Heilpflanze, welche schon die angelsächsischen Kräuterbücher kannten. Das im 16. Jahrhundert berühmte Aqua Reginae Hungariae wurde aus frischen Rosmarinblüten mit Alkohol zusammen destilliert. Seinen Namen hat es daher, daß es die Königin Isabella von Ungarn, die gichtisch und gelähmt war, so verjüngt haben soll, daß ein König von Polen die 72jährige heiraten wollte. Dieses Wasser soll sich auch gut bei Ohnmachten bewährt haben. Friedrich Hoffmann empfahl Rosmarin bei Unfruchtbarkeit der Frauen. Liebert rechnet ihn zu den schätzbarsten Mitteln bei Bleichsucht. Im Volke gilt der Rosmarin als Mittel bei Fluor albus. Die englische Volksmedizin rät, gegen Wadenkrampf kleine Bündel Rosmarin bei Nacht um die Füße und Knie zu binden. Als Symbol der Liebe, als Hochzeitsschmuck und als Totenpflanze ist er im Volke immer sehr bekannt gewesen. So überreichen die Enneberger Mädchen, wie H. Marzell berichtet, am Dreikönigstag ihren Burschen künstliche Nelken mit Rosmarin, und die englischen Mädchen benutzen "rosmary and thyme" am St.-Agnes-Vorabend unter der Beschwörung:
Mit dem Namen "Wilden Rosmarin" bezeichnet man die Lavendelheide oder den Falschen Porst (Andromeda polifolia) oder auch den Sumpfporst (Ledum palustre).
Wirkung
Rosmarin fand schon bei Hippokrates (Fuchs, Hippokrates Sämtl. Werke, Bd. 3, S. 349, 493, 573.) und Paracelsus (Paracelsus Sämtl. Werke, Bd. 2, S. 91, 587, Bd. 3, S. 382.) Anwendung.
Lonicerus (Lonicerus, Kreuterbuch, 1564, S. 198 C.) schildert ihn als leberreinigend, erweichend, diuretisch, emmenagog, verdauungsfördernd, blutreinigend, schweißtreibend, gegen Epilepsie, äußerlich gegen Krebs, Podagra, zur Uterusreinigung und Erhöhung der Fruchtbarkeit.
Bei Matthiolus (Matthiolus, New-Kreuterbuch, 1626, S. 273.) gilt er vorwiegend als Stärkungs- und Anregungsmittel, so z. B. bei Epilepsie, Schlafsucht, Lähmungen, Zittern, Unempfindlichkeit, außerdem bei lokaler Anwendung als wund- und geschwürreinigend, zahn- und gliederstärkend.
Auch Wittich (Wittich, Vade mecum, 1594, S. 54.) verordnete ihn zusammen mit Ruta graveolens gegen Epilepsie.
Eine ganze Reihe guter Eigenschaften soll nach Weinmann (Weinmann, Phytanthoza iconographia, Regensburg 1745, Bd. IV, S. 234.) der Rosmarin besitzen. So wird er als nervenstärkendes Mittel bei Krämpfen, Lähmungen, Zittern der Glieder, schwachem Gedächtnis usw. angewandt, ebenso gegen Frauenleiden, Weißfluß, Sterilität, Amenorrhöe, Bleichsucht, Magenkrämpfe, Leber- und Milzverstopfung und Wassersucht. Auch Sehund Gehörschwäche sollen günstig beeinflußt werden.
Verschiedene Indikationen, wie Gicht, Rheumatismus, Epilepsie, Unfruchtbarkeit, Ohnmacht, Foetor oris u. a. m. gibt Osiander (Osiander, Volksarzneymittel, S. 120, 212, 317, 332, 341, 350, 404, 500.) für Rosmarinus an,
Hufeland (Hufeland, Enchir. med., S. 214, 246.) verwendet ihn als Nervinum.
Von der Volksmedizin wird er vielfach als Karminativum und Abortivum gebraucht (Wasicky, Lehrb. d. Physiopharm., S. 761.).
Über die Verwendung in der tschechischen Volksmedizin gibt die folgende, mir von Dostál übermittelte Zusammenstellung Auskunft:
Ein Rosmarinbad heilt nach Veleslavín die Gelbsucht (1). Nach demselben Autor soll R. noch Magen und Gehirn stärken, üblen Mundgeruch beseitigen, Fallsucht und Fraisen heilen. Inhaliert, beseitigt er Husten, die Wurzel vertreibt die Pest, und mit der Asche reinigt man Zähne. In der Hanna empfiehlt man gegen Blässe täglich Brot mit Salz und Rosmarin zu essen (2). In Ziegenmilch gekocht bildet Rosmarin ein Mittel gegen Schwindsucht, in Kornsprit mazeriert, soll er den Körper stärken (1). Die Appetitlosigkeit wird durch Rosmarin behoben (3). Üblen Mundgeruch beseitigt man, wenn man die Blüten kaut (Hanna) (2). Rosmarin entgast ferner die Därme und fördert die Verdauung (5). Mit Rosmarintee werden Magenkrankheiten geheilt (6). In Schlesien gebraucht man Rosmarin äußerlich zur Stärkung der Augen (7). Gegen Fallsucht soll man früh nüchtern einen Löffel Rosmarin nehmen (8).
Literatur: (1) Veleslavín, 1596, 279 c; (2) Vyhlídal, Malůvky z Hané 45, 50; (3) Morávek, Rostl. léčiva 1904, 162; (4) Polívka, Květena III, 195; (5) Mor. Slov. II, III, 763; (6) Vyhlídal, Naše Slezsko 223; (7) Brzobohatý v čL. XXIII, 388.
In Lettland (J. Alksnis, in Histor. Studien aus dem pharm. Inst. d. Univ. Dorpat, S. 221, Halle 1894.) wird das Rosmarinöl mit Schnupftabak zum Schnupfen gegen Kopfschmerzen verwendet.
Parturier und Rouselle (Parturier et Rouselle, Presse méd. 1929, Nr. 33, S. 537.) hatten gute Erfolge mit Rosmarininfusen (nüchtern vor den Mahlzeiten genommen) bei Leberkrankheiten. Schroth (Schroth, Hippokrates, Jahrg. 6, S. 873.) heilte mit Rosmarinus Oligoplex mehrere Fälle von Amenorrhöe, die vorher vergeblich mit Hormonen behandelt worden waren. Er bezeichnet Rosmarinus Oligoplex als das beste Mittel, um nach einer Fastenkur den Organismus emmenagog zu beeinflussen.
Leclerc (H. Leclerc, Précis de Phytothérapie, S. 159, Paris 1927.) hatte häufig gute Erfolge mit Rosmarin bei Erschöpfungszuständen als Folge schwerer fieberhafter Erkrankungen und bei atonischer Dyspepsie, ferner bei Erschöpfung durch geistige Überanstrengung. Wizenmann (Wizenmann, Heilung und Heiligung, Bd. 4, S. 1410, 1930.) bezeichnet Rosmarin als Hauptnervenmittel im Klimakterium.
Der wirksamste Bestandteil der Rosmarinblätter ist ein ätherisches Öl, das lokal als Hautreizmittel benutzt wird (Vgl. 8).), innerlich in größeren Dosen aber Epilepsie hervorruft (Kobert, Lehrb. d. Intoxik., S. 585.). Auch Lesieur (Lesieur, zit. nach Pic et Bonnamour, Précis de Phytothérapie, Paris 1927.) bezeichnet das ätherische Öl als ein krampferzeugendes Mittel, welches konvulsive Krämpfe mit Kopfschütteln, Kontrakturen und Zittern hervorrufe. Tiere, die mit kleinen Dosen Rosmarinöl behandelt sind, werden furchtsam, ebenso wie die mit Fenchelöl behandelten, während die Tiere aggressiv werden, wenn sie mit dem Öl von Ysop, Wermut und Salbei behandelt werden. Dekokte von Rosmarin vermehren die Gallensekretion stark, während Öl in dieser Hinsicht wirkungslos bleibt (Chabrol, Charonnat, Maximin et Busson, C. r. Soc. Biol. Paris 1932, Bd. 109, S. 275.).
Der wäßrige Auszug der blühenden Pflanze tötet Bakterium coli (Nach eigenen Untersuchungen.).
Bei der Prüfung der Frage, ob die Abortivmittel Follikelhormone enthalten, wurde auch Rosmarin von mir geprüft. Er zeigte sich der Pulsatilla durch geringere Giftigkeit überlegen, auch gelang es mit einem Rosmarinauszug einen echten Östrus bei infantilen Mäusen durch subkutane Injektion hervorzurufen. Auch bei infantilen Ratten wurde bei zwei von drei Tieren die Brunst vorzeitig hervorgerufen. Beachtenswert war dabei eine übernormale Gewichtszunahme, die Tiere erhielten täglich acht Tage lang 0,7 ccm Rosmarinauszug subkutan. Durch Verfütterung war kein Östrus zu erzielen. Auch bei erwachsenen Ratten zeigte sich durch Verfütterung, auch des Rosmarin Oligoplex, keine Vermehrung der Schollentage (östrus). Die Tiere werden bei der Verfütterung struppig. Trächtige Mäuse werden durch Fütterung mit Rosmarin im Austragen nicht beeinflußt.
Harz, Gerbsäure, Bitterstoffe sind weitere chemische Inhaltsstoffe neben dem ätherischen Öl, als dessen Hauptbestandteile genannt werden: α-Pinen, i-Camphen, Cineol, d- und l-Kampfer, d- und l-Borneol (Kroeber, Neuzeitliches Kräuterbuch, 1934, S. 285.).
Balansard (Balansard, Bull. des Sciences pharmacol., 43, S. 148, 1936.) fand außer etwas Glukosid 0,15% saures Saponin.
Anwendung in der Volksmedizin außerhalb des Deutschen Reiches (nach persönlichen Mitteilungen):
Dänemark: Innerlich bei Gelbsucht, Blähungen, Weißfluß, Ohnmachtsanfällen und als Blutreinigungsmittel; äußerlich auf Krebswunden, zu Dampf- und Schwitzbädern.
Steiermark: Als herzstärkendes Mittel.
Anwendung in der Praxis auf Grund der Literatur und einer Rundfrage:
Rosmarinus wird in erster Linie als Emmenagogum (auch bei Amenorrhöe und Oligomenorrhöe infolge Adipositas) verordnet. Doch ist er auch bei anderen Frauenleiden, insbesondere Dysmenorrhöe und Fluor albus, indiziert.
Auch bei klimakteriellen Beschwerden mit stark ausgeprägten nervösen Erscheinungen kann er gegeben werden. Rosmarin ist ein wichtiges Nervenmittel. Man gibt ihn bei Lähmungen und epileptischen Krämpfen, als Tonikum bei Erschöpfungszuständen, Gedächtnisschwäche, Schwindelgefühl, Gliedermüdigkeit, Herzneurosen.
Auf den Magen- und Darmtraktus übt er eine tonisierende Wirkung aus. Man gibt ihn bei Leberstauungen, Magenerkrankungen, Meteorismus. Von verschiedener Seite wird der Rosmarin auch bei Diabetes mellitus genannt. Äußerlich wendet man Rosmarin bei Neuritis, Kahlköpfigkeit, Salzschorf an den Gliedern und Erkältungskrankheiten in Form von Umschlägen oder als Badezusatz an. Gegen den pappigen Geschmack nach Fastenkuren wird eine Teeabkochung als Gurgelwasser empfohlen. Rosmarin ist auch in homöopathischer Verdünnung D 3, in Mengen von 1 ccm subkutan bei Hydrops gegeben worden. In einigen Fällen wurde starke Diurese beobachtet.
Bei Erkältungskrankheiten lobt ihn E. Stieber als Badezusatz.
Angewandter Pflanzenteil:
Bei Hippokrates finden sich nur Angaben über die Verwendung der Wurzel.
Matthiolus nennt Kraut und Blätter als verwendet, Lonicerus dazu auch noch die Wurzel. Osiander spricht vom Kraut. Bei Wasicky werden Blätter und Blüten erwähnt. Clarke empfiehlt die ganze Pflanze. Dragendorff, Zörnig und Heinigke berichten von den Blättern.
Das HAB. läßt die getrockneten Blätter verwenden (§ 4). Die frischen Blätter haben einen kampfer-terpentinartigen Geschmack, der sich beim Trocknen fast ganz verliert. Ich empfehle zur Herstellung der Arzneimittel die frischen Blätter zu benutzen, aus denen auch das "Teep" hergestellt wird.
Folia Rosmarini sind offizinell in Österreich, Schweiz, Italien, Frankreich, Jugoslawien, Belgien, Rumänien, Ungarn, Mexiko, Portugal, Spanien, Venezuela.
Dosierung:
- Übliche Dosis:
Maximaldosis:
Rezepte:
Als Emmenagogum:
- Rp.:
1 Teelöffel voll wiegt 2,1 g, so daß man für 1 Teeglas etwa 1 Teelöffel rechnet. Die Bereitung kann kalt oder heiß erfolgen.).
Als Emmenagogum (nach Meyer):
- Rp.:
Als Diuretikum (nach H. Becker):
- Rp.:
Bei Sehschwäche (nach Ulrich):
- Rp.:
Bei kardialem und renalem Hydrops, sowie Aszites (nach M. Müller):
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Bei nervösen Herzbeschwerden (nach Kroeber):
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Als Spülmittel bei Fluor albus (nach Meyer):
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Oleum nervinum (nach Hager):
- Rp.:
Lehrbuch der Biologischen Heilmittel, 1938, was written by Dr. Med. Gerhard Madaus.